Ein Reh leckt das Fell eines anderen Rehs in New Jersey, USA.
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Sars-CoV-2
Coronavirus verbreitet sich in Wildtieren

In Nordamerika beobachten Experten mit Sorge, wie sich hunderte Hirsche und Rehe mit Corona infizierten. Das könnte Folgen für die Pandemie haben.

27.04.2022

In Nordarmerika haben sich seit dem Winter 2020/2021 hunderte Weißwedelhirsche (Odocoileus virginianus) mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert, berichtete das Fachmagazin "Nature" am Dienstag. Entdeckt hätten dies Forschende verschiedener Institutionen in den USA und Kanada, die zusammen mit Jägerinnen und Jägern regelmäßig Wildtierpopulationen auf Infektionskrankheiten überwachen. Sie hätten Nasenabstriche für PCR-Tests und Blutproben von den Tieren genommen und darin das Virus und Antikörper dagegen nachgewiesen. Die Rehe und Hirsche zeigten jedoch bislang keine schweren Symptome.

Das Virus sei mehrfach vom Menschen auf die Tiere übergangen. Unklar sei bislang, inwieweit sich das Wild nun auch untereinander anstecke und ob Übertragungen von Rehen und Hirschen zu Ausbrüchen bei anderen Wildtieren, Nutztieren oder Menschen führen könnten. Die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler seien jedoch zunehmend besorgt, dass sich die Tiere als virale Reservoire etablieren könnten. Hintergund ist die Hypothese einiger Forschender, dass sich die hochansteckende Omikron-Variante möglicherweise in einem tierischen Reservoir entwickelt habe und von dort auf den Menschen übergangen sei. Auch seien Kamele nachweislich Reservoire für die verwandten Coronaviren Mers-CoV.

Bedenken wegen möglicher Corona-Reservoire

Die Virusvarianten, die die Forschenden nun bei den Hirschen gefunden haben, spiegeln laut Bericht typischerweise die Ausbreitung bei Menschen in der Umgebung wider. Es gebe in Genomsequenzierungen jedoch auch Anzeichen, dass das Virus in den Wildtieren langfristig weiter mutiere und sich verändere, wie mehrere Preprints zeigten.

Laut Bericht versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit seit Beginn der Pandemie herauszufinden, welche Tiere sich mit dem Coronavirus anstecken könnten. In Rehen und Hirschen in Europa sei das Virus bislang nicht nachgewiesen worden, obwohl dies theoretisch möglich sei. Dort hätten Forschende des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin Wildtierpopulationen in Deutschland und Österreich untersucht. Zuletzt seien im Dezember 2021 ein Weißwedelhirsch in New York und im März 2022 ein Maultierhirsch (Odocoileus hemionus) in Utah positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass es in Nordarmerika zu den Mensch-Tier-Übertragungen gekommen sei, weil das Wild dort weiter verbreitet sei und häufiger mit Menschen in Kontakt komme. Der konkrete Übertragungsweg sei unklar. Die Rehe und Hirsche seien sehr soziale Wesen und hätten viel Nasenkontakt miteinander, bei dem sie sich gegenseitig anstecken könnten. Wie genau sich das Virus in den Tieren verbreitet und verändert, müssen weitere Proben zeigen, betonten die Forschenden in dem Bericht.

ckr