Lebensechte Rekonstruktion eines Flusspferds in der Ausstellung "Eiszeit Safari". Neben dem Flusspferd steht ein Mammut-Skelett.
rem / Rebecca Kind

Archäometrie
Flusspferde im Eiszeit-Rhein

Mannheimer Forscher haben hunderte Knochenfunde untersucht. Sie revidieren bisher gängige Vorstellungen von der Lebenswelt der letzten Eiszeit.

27.10.2021

Mit Flusspferden verbindet man gemeinhin afrikanische Landschaften - dass die Kolosse auch einmal in unseren Gefilden lebten, ist kaum vorstellbar. Und doch: Noch vor rund 30.000 Jahren tummelten sich die mächtigen Tiere im Rhein. Dies ist die Erkenntnis eines interdisziplinären Forscher-Teams, das im Rahmen des Projekts "Eiszeitfenster Oberrheingraben" seit fünf Jahren Hunderte von Knochenfunden auswertete, wie die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim am Mittwoch mitteilten. Das Spektakuläre an dem Forschungsergebnis ist der Zeitpunkt, zu dem "Hippopotamus amphibius" noch in der Region lebte. Bisheriger Wissensstand war, dass die wärmeliebende Art hier bereits am Ende der letzten Warmzeit vor 116.000 Jahren ausgestorben ist.

Dies muss nach den Untersuchungen der Experten wohl revidiert werden. Sie fanden auf Basis der Radiocarbonmethode heraus, dass zwischen 48.000 und 30.000 Jahren vor unserer Zeit noch Flusspferde im Oberrheingebiet lebten, gleichzeitig etwa mit Mammuts, Wollhaarnashörnern und Höhlenlöwen. "Das Flusspferd ist am Rhein also ein waschechter Eiszeit-Bewohner. Das zeigt, dass die Tiere in der Lage waren, sich gut an die entsprechenden Temperaturen und Umweltverhältnisse im kaltzeitlichen Oberrheingraben anzupassen", erläuterte Museums-Generaldirektor Professor Wilfried Rosendahl in Mannheim.

Der Oberrheingraben erstreckt sich von Basel bis Frankfurt und fungiert als wichtiges kontinentales Klimaarchiv. Tierknochen haben Jahrtausende in den Kies- und Sandablagerungen überdauert. Sie können heute als Fenster in die Vergangenheit dienen und erlauben Einsichten in die Klima- und Umweltentwicklung der letzten Kaltzeit.

Die Forschungsergebnisse, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Reiss-Engelhorn-Museen, des Curt-Engelhorn-Zentrums Archäometrie sowie der Universität Potsdam im Projekt "Eiszeitfenster Oberrheingraben" erarbeitet haben, fließen in die bis Mitte Februar 2022 dauernde Sonderausstellung "Eiszeit-Safari" in den Reiss-Engelhorn-Museen ein.

dpa/cpy