Ein rekonstruierter Langhals-Dinosaurier (Diplodocus longus) steht als Wahrzeichen vor dem Eingangsbereich des Senckenberg-Museums.
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200 Jahre Senckenbergmuseum
Museum für Dodo, Dinos und Menschheits-Fragen

Das Frankfurter Senckenbergmuseum zeigt Licht- und Schattenseiten der Menschheits- und Naturgeschichte. Zum 200-jährigen Jubiläum gibt es große Pläne.

Von Eva Krafczyk 25.07.2021

Die Augen glänzen, die Wangen sind rot vor Aufregung, als ein kleiner Junge an der Hand seiner Mutter den Dinosauriersaal im Frankfurter Senckenberg-Museum betritt. Eine Gruppe Kinder im Vorschulalter sitzt dort mit einem Museumsguide im Kreis – zu Füßen der Skelette der Urzeitriesen. Der Geräuschpegel ist hoch, die Begeisterung der jungen Besucher riesig. "Ja, die Dinosaurier sind immer cool", sagt Museumsdirektorin Brigitte Franzen im 200. Jahr des Frankfurter Museums, das 1821 nur wenige Jahre nach der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung gegründet wurde und zu den größten Naturkundemuseen in Deutschland zählt.

Franzen, seit vergangenem Jahr im Senckenberg-Amt, verbindet selbst Kindheitserinnerungen mit dem Museum. Was nimmt sie aus ihren damaligen Erfahrungen und Wünschen mit in die Gestaltung des Museums?

"Die Idee des Mitmachens ist schon etwas, was ich als Kind der 70er Jahre mitgenommen habe", sagt die Kunsthistorikerin. "Eine der tollen Ausstellungen jener Zeit war 'Umwelt 2000'." Damals seien die Besucher beim Betreten des Raumes mit einer Müllskulptur konfrontiert worden - und mit einer mit Silberfolie verkleideten Wand, an die man sein Kaugummi kleben sollte. "Diese Idee, Fragen aufzuwerfen und zum Nachdenken aufzufordern, das ist glaube ich, eine gute Strategie."

Antworten sucht sie auch bei den Besuchern – etwa mit der Fragebogenaktion zum "Museum of Tomorrow" (Museum von morgen). Hier können Impulse gegeben, Wünsche geäußert und Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Die Aktion soll ein ganzes Jahr laufen.

Mitforschen und mitreden – Forschungswerkstatt für Besucher geplant

Eine Neuheit, die im November ins Museum kommen soll, ist die sogenannte Forschungswerkstatt. Noch stehen hier leere Wände, Bodenmarkierungen machen deutlich, wo künftig Möbel, Regale und Sitzgelegenheiten stehen sollen. "Forscher werden für Gespräche und Diskussionen zur Verfügung stehen", sagt Franzen. "Man wird auch virtuell an Expeditionen oder Grabungen teilnehmen können, es gibt aber auch Arbeitsnischen, wo man Forschungsaufgaben bearbeiten kann." Das Konzept sei sowohl für Einzelne als auch für Gruppen ausgelegt.

Museumsdirektoren haben oft die Qual der Wahl: Was soll den Besuchern gezeigt werden? Im Fall von Senckenberg ist das besonders eklatant: "Die Forschungssammlung umfasst 40 Millionen Objekte – im Museum zeigen wir ungefähr 10.000 Objekte", beschreibt Franzen das Dilemma. Aber es geht es natürlich darum, die "richtigen" 10.000 zu zeigen, die die Forschung und die Geschichte repräsentieren."

So werden derzeit im Rahmen des "Museum of Tomorrow" anhand von 20 ausgewählten Objekten die Geschichte und Gegenwart des Museums und der Sammlungen präsentiert. Klar, ein Saurier darf nicht fehlen und so ist mit dem "Dreihorngesicht" Triceratops der Schädel eines der berühmtesten Dinosaurier unter den Ausstellungsobjekten. Das Messeler Urpferd ist ebenso vertreten wie die Rekonstruktion des Vogels Dodo, der als ein Symbol des Artensterbens gelten kann.

Möglichst bald, so hofft die Direktorin, soll als neues Ausstellungsthema die Evolution des Menschen ins Museum kommen. "Die Besucherinnen und Besucher wollen einfach wissen: Wo kommen wir her, wo stehen wir und wo gehen wir hin?". Es gebe in der Sammlung tolle Objekte, "wie zerstörerisch und kreativ Menschen sein können".

Das Senckenberg will ein demokratisches Museum, eine Plattform für Diskussionen. Das entspreche ganz der Senckenberg-Idee vor 200 Jahren, "dass Forschung und Nachdenken über die Natur nicht im stillen Kämmerlein geschieht, sondern in die Öffentlichkeit getragen werden soll".