Foto von Prof. Dr. Christian Drosten
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Corona-Studie
Kinder vermutlich genauso ansteckend wie Erwachsene

Eine Berliner Studie legt nahe, dass Kinder gleichviele Viren tragen. Das wirkt sich auf die Beurteilung der Ansteckungsgefahr in Schulen aus.

30.04.2020

Kinder sind einer neuen Analyse in Deutschland zufolge in der gegenwärtigen Coronavirus-Pandemie vermutlich genauso ansteckend wie Erwachsene. Die Zahl der Viren, die sich in den Atemwegen nachweisen lässt, unterscheide sich bei verschiedenen Altersgruppen nicht, berichten Forscherinnen und Forscher um den Virologen Professor Christian Drosten von der Berliner Charité in einer vorab veröffentlichten und noch nicht von unabhängigen Experten geprüften Studie. Die Forschenden warnen aufgrund ihrer Ergebnisse vor einer uneingeschränkten Öffnung von Schulen und Kindergärten in Deutschland.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zeigten in vielen Ländern Wirkung, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Mit Lockerung der Kontaktbeschränkungen gebe es vermehrt auch Diskussionen darüber, inwieweit die Schließung von Schulen und Kindergärten zu diesem Erfolg beigetragen hat – und wie sich eine Wiedereröffnung auf die Ausbreitung des Virus auswirken könnte.

Bisher sei unklar gewesen, inwieweit Kinder das Virus an andere weitergeben. Nur wenige Studien wurden dazu angefertigt, die sich teilweise widersprachen. Die Untersuchung dieser Frage sei schwierig, schreiben die Berliner Forschenden, gerade weil die Schulen früh geschlossen wurden und weil das Virus vor allem in der Anfangsphase der Epidemie vor allem von erwachsenen Reisenden weitergegeben wurde. Zudem hätten Kinder oft keine oder nur leichte Symptome und würden deshalb seltener getestet. Auch in der Studie der Berliner Forscherinnen und Forscher waren Personen unter 20 Jahren daher unterrepräsentiert.

Viruslast nicht von Alter abhängig

Das Team um Drosten hatte in Proben von rund 3.700 Infizierten, die zwischen Januar und 26. April in einem Berliner Testzentrum untersucht wurden, die Menge an Sars-CoV-2-Viren bestimmt. Die Ergebnisse haben sie nach Altersgruppen sortiert. Sie fanden keinen Unterschied in der Viruslast zwischen verschiedenen Altersstufen. Bei der Beurteilung der Ansteckungsgefahr in Schulen und Kindergärten müssten daher die gleichen Annahmen zugrunde gelegt werden, die auch für Erwachsene gelten, schreiben die Forschenden in der Analyse.

Es gebe auch Argumente, denen zufolge Kinder weniger ansteckend seien als Erwachsene, erläutern die Forschenden. Etwa, dass sie meist keine Symptome haben und deshalb weniger husten, und weil sie weniger Atemluft ausstoßen. Auf der anderen Seiten seien sie aber körperlich und sozial viel aktiver.

Auch der Präsident des Robert Koch-Instituts, Professor Lothar Wieler, betonte am Donnerstag, dass Kinder für die Ausbreitung wohl dieselbe Rolle spielten wie Erwachsene. "Sie können angesteckt werden, sie können das Virus ausscheiden und andere anstecken", sagte er. Dabei spiele ihr Sozialverhalten eine größere Rolle als bei Erwachsenen. Kinder seien weniger gut darin, sich an Abstandsregeln zu halten.

dpa/ckr