Teilchenbeschleuniger Cern
Pause für die größte Forschungs-Maschine der Welt
Der unterirdische Teilchenbeschleuniger der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) wird ab Montag schrittweise abgeschaltet. Die Anlage in Genf muss etwa zwei Jahre lang gewartet, repariert und teils erneuert werden.
"Zuerst wird der noch laufende Blei-Ionen-Strahl aus dem Beschleuniger in einen Graphitblock geleitet, dann schalten Einsatzleiter per Computer die ersten Stromwandler ab", sagt Physiker Rende Steerenberg. In dem Graphitblock wird die Energie aus dem Strahl gefahrlos in Wärme umgewandelt.
Auch wenn die physikalischen Experimente am Montag zu Ende gehen, läuft die Maschine mit ihrem 27 Kilometer langen ringförmigen Tunnel noch einige Tage. Die Physiker wollen testen, wie belastbar die Magnete sind. Sie müssen im Betrieb die Protonenstrahlen, wenn sie mit wachsender Energie durch den Tunnel gejagt wird, auf Kurs halten. Der Protonenstrahl ist mit 99,99 Prozent Lichtgeschwindigkeit unterwegs, das entspricht 11.000 Umläufen im 27-Kilometer-Tunnel pro Sekunde.
Seit 2015 habe der Beschleuniger die kühnsten Erwartungen in den Schatten gestellt, berichtete Cern-Generaldirektorin Fabiola Gianotti. Die Physiker produzierten Unmengen an Protonen-Kollisionen: Insgesamt sind 16 Billiarden, also 16.000.000.000.000.000, Protonen-Kollisionen erzeugt worden. Sie studierten dabei unter anderem die Eigenschaften des 2012 am Cern nachgewiesenen Higgs-Bosons, das anderen Teilchen zu ihrer Masse verhilft. Die Physiker suchen Erkenntnisse über den Ursprung des Universums.
Künftig noch mehr Energie für Protonenstrahlen
Wenn der Teilchenbeschleuniger Mitte 2020 wieder hochgefahren wird, wollen Physiker die Protonenstrahlen mit noch mehr Energie auf Kollisionskurs bringen, statt mit bislang 6,5 mit 7 Billionen Elektronenvolt (TeV). So sollen bei den Kollisionen noch mehr Teilchen produziert werden.
Nach dem Ende der Tests in etwa einer Woche leiten Ingenieure die rund 150 Tonnen flüssiges Helium, mit dem die Magnete bei laufendem Betrieb gekühlt werden, in oberirdische Tanks. Das Helium könnte bei den geplanten unterirdischen Bauarbeiten zur Gefahr werden. Weil flüssiges Helium sich bei einem Leck enorm ausbreiten und den Sauerstoff verdrängen würde, fangen die Wartungsarbeiten erst an, wenn das Helium entfernt ist.
Nach der Rundumerneuerung dauert das Hochfahren der Maschine und Kühlen der Magnete auf minus 270 Grad mehrere Monate. Mit dem ersten Protonenstrahl wird etwa im März 2021 gerechnet. Während der Wartungspause gehen auch die Ausbauten für den Teilchenbeschleuniger der nächsten Phase weiter, das HiLumi-LHC-Projekt. HiLumi soll 2025 starten, mit noch einmal deutlich höherer Leistung als bisher im Teilchenbeschleuniger vom Cern möglich war.
dpa/kas