Eine Ärztin mit Maske und Op-Haube hält eine Blutprobe in die Kamera, auf der Blutprobe steht "Covid-19".
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Großbritannien
Erste Ergebnisse aus Human-Challenge-Studie zu Corona

Gesunde Menschen sind für eine britische Studie mit dem Coronavirus infiziert worden. So können die Krankheitsabläufe genauer erforscht werden.

02.02.2022

Knapp ein Jahr nach Beginn einer umstrittenen Studie, bei der 36 Freiwillige gezielt mit dem Coronavirus infiziert worden sind, hat das Imperial College in London am Mittwoch erste Ergebnisse vorgestellt. "Aus wissenschaftlicher Sicht bieten diese Studien einen echten Vorteil, da der Zeitpunkt der Ansteckung immer genau bekannt ist und daher Dinge wie das Intervall zwischen dem Kontakt und der Art der Viruslast genau beschrieben werden können", sagte Jonathan Van-Tam, ein medizinischer Berater der britischen Regierung, die die Forschung unterstützt hatte.

Unter Medizinethikern sind die sogenannten Human-Challenge-Studien jedoch extrem umstritten. Die britische Studie gilt als weltweit erste dieser Art im Zusammenhang mit Covid-19.

Human Challenge Trials, bei denen gesunde Menschen einem Erreger ausgesetzt werden, kamen in der Vergangenheit zum Beispiel bei der Entwicklung von Grippe- und Malaria-Impfstoffen zum Einsatz. Allerdings wurde den Probanden dabei – anders als bei der britischen Studie – zunächst ein potenzieller Wirkstoff verabreicht.

Kürzere Inkubationszeit und höhere Virenlast in der Nase als gedacht

Die ersten Ergebnisse des Imperial College London sind in dieser Woche als noch nicht von Experten begutachtete Preprint-Studie veröffentlicht worden. Demnach soll die Inkubationsphase des Coronavirus kürzer sein als zuvor angenommen – im Schnitt traten schon zwei Tage nach der Ansteckung bei Probanden Symptome auf. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass der Großteil der ausgeschiedenen Viruslast aus den Nasen der Probanden statt aus dem Rachen kam, wo diese schwächer ausfiel und schneller wieder abnahm. Die britischen Forscher leiten daraus ab, wie wichtig es ist, Masken auch über der Nase zu tragen.

Allerdings beziehen sich die Ergebnisse weder auf Omikron noch auf Delta, sondern auf früher verbreitete Varianten des Virus. Derzeit bereitet das Team eine weitere Runde vor, bei denen Freiwillige mit der Delta-Variante infiziert werden sollen. Ziel ist es, dabei auch Durchbruchsinfektionen herbeizuführen bei Menschen, die bereits Antikörper in sich tragen.

Ursprünglich hatten die Wissenschaftler gehofft, mit ihrer Forschung die Entwicklung von Impfstoffen beschleunigen zu können. Doch diese kamen auch mit klassischen klinischen Tests in Rekordgeschwindigkeit zum Einsatz.

Trotzdem sehen die Forscher noch für diese Pandemie großes Potenzial für ihren Ansatz, gerade bei der Testung speziell an Varianten angepasster Impfstoffe: In der aktuellen Lage, mit einer hohen Immunisierung in der Bevölkerung und vielen zufälligen Infektionen, sei es für Impfstoff-Entwickler gar nicht mehr einfach, passende Probanden-Gruppen zu finden, um die Wirksamkeit ihres Mittels nachzuweisen. "Da können Human-Challenge-Studien helfen", sagt Studienautor Chris Chiu im Briefing.

aktualisiert am 02.02.2022 um 16:36 Uhr, zuerst veröffentlicht um 15:30 Uhr

dpa/ckr