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Urheberrecht
Wem "gehören" Forschungsdaten?

Werden Forschungsdaten erzeugt, stellen sich sofort rechtliche Fragen – etwa, wenn ein Wissenschaftler die Forschungeinrichtung wechselt.

Von Linda Kuschel 12.09.2018

Der Eigentumsbegriff des deutschen Rechts ist – zumindest nach noch vorherrschender Ansicht – auf körperliche Gegenstände begrenzt. Soweit sich Forschungsdaten also in materiellen Objekten manifestieren (etwa in einem Fundobjekt oder einer Bodenprobe), ist die rechtliche Einordnung klar: es besteht Sacheigentum und der Eigentümer kann – vorbehaltlich der Rechte Dritter – nach freiem Belieben darüber verfügen.

In Bezug auf (digital) gespeicherte Daten ist die Situation ungleich komplizierter. Schon die Frage, ob überhaupt Rechte an ihnen bestehen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein "Eigentum an Daten" existiert (jedenfalls noch) nicht. Allerdings können Forschungsdaten unter Umständen urheberrechtlichen Schutz genießen, Gegenstand vertraglicher Absprachen sein und datenschutzrechtlichen Bestimmungen unterfallen.

Das Urheberrecht schützt stets die Form eines Werkes, nicht seinen Inhalt. Für Forschungsdaten bedeutet dies, dass ein urheberrechtlicher Schutz nicht für die in den Daten enthaltene Information besteht, sondern lediglich für ihre konkrete Darstellung. Werden Forschungsergebnisse etwa verbal beschrieben oder bildlich festgehalten, können der Text oder das Bild urheberrechtlich geschützt sein – die Ergebnisse als solche sind es jedoch nicht. Gleiches gilt für Methoden, Lehren und Ideen: sie sind frei, sofern es sich nicht etwa um patentierte technische Erfindungen oder geschützte Gebrauchsmuster handelt.

Urheberrechtlichen Schutz können nur "Werke", also persönliche geistige Schöpfungen, beanspruchen. Das bedeutet, dass die konkrete Darstellung der Forschungsdaten das Resultat einer menschlichen Handlung sein muss. Die Zuhilfenahme von Maschinen, insbesondere Computern, ist dabei unschädlich. Wenn das konkrete Ergebnis jedoch rein maschinell erzeugt wurde, etwa durch den Einsatz künstlicher Intelligenz, kann – nach derzeitigem Verständnis – kein Urheberrecht entstehen.

"Ein 'Eigentum an Daten' existiert (jedenfalls noch) nicht." Linda Kuschel

Zudem setzt urheberrechtlicher Schutz ein Mindestmaß an Individualität voraus. Auch wenn das Recht an diese "Schöpfungshöhe" keine besonders hohen Anforderungen stellt, kommt jedenfalls systematischen Aufzählungen, nicht kreativen Texten und rein dokumentarischen Aufnahmen nicht die erforderliche Werkqualität zu. Forschungsdaten in Form von Anamnesen, Fragebögen (wie auch deren Antworten) oder kurzen Versuchsbeschreibungen sind somit in der Regel nicht urheberrechtlich schutzfähig.

Der Schutz für urheberrechtliche Schöpfungen wird flankiert durch "verwandte Schutzrechte" (oder "Leistungsschutzrechte"), die bestimmte nicht-kreative Leistungen sowie Investitionen abdecken. So bestehen an dokumentarischen Bild- oder Videoaufnahmen in der Regel zwar keine Urheberrechte, jedoch Lichtbild- beziehungsweise Laufbildschutzrechte. Der Lichtbildschutz umfasst dabei etwa nicht nur Fotografien, sondern jegliche Bilder, die unter Benutzung strahlender Energie erzeugt werden. Dies trifft etwa auf Forschungsdaten in Form von Röntgenbildern, Kernspin- oder Computertomografien zu.

Ein Leistungsschutzrecht wird auch dem Hersteller einer Datenbank gewährt, wenn diese nach Art oder Umfang eine wesentliche Investition erfordert. Eine Sammlung von Forschungsdaten stellt eine Datenbank dar, wenn die Forschungsdaten systematisch oder methodisch angeordnet werden und einzeln zugänglich sind. Schutzfähig ist sie, wenn wesentliche Investitionen in die Anordnung und/oder Darstellung der Daten geflossen sind.

Kosten für die Erzeugung der Daten – etwa für Experimente, Materialien oder Feldversuche – werden dabei nicht berücksichtigt. Daneben kommt für Datenbanken auch ein urheberrechtlicher Schutz in Betracht, dieser setzt allerdings eine kreative Auswahl und Anordnung der Daten voraus, was bei Forschungsdatenbanken eher unerwünscht sein wird.

Das Urheberrecht schützt die wirtschaftlichen und ideellen Interessen des Urhebers in Bezug auf sein Werk. Da es sich auf den immateriellen Wert des Werkes bezieht, gewährt es generell keinen Integritätsschutz. Soweit Forschungsdaten urheberrechtlich geschützt sind, bedeutet dies, dass vor allem ihre Vervielfältigung, Veränderung oder öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich relevant und im Grundsatz nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig sind. Gegen die Zerstörung eines Datenträgers oder das Löschen von Daten schützt das Urheberrecht hingegen nicht.

Soweit für Forschungsdaten kein urheberrechtlicher Schutz in Betracht kommt, insbesondere weil es sich lediglich um Rohdaten handelt, besteht an ihnen (zumindest nach derzeitiger Rechtslage) kein Ausschließlichkeitsrecht. Das heißt, solche Forschungsdaten sind rechtlich nicht einer bestimmten Person zur (ausschließlichen) Nutzung zugewiesen. Sie können in diesem Fall aber gleichwohl Gegenstand von Rechtsgeschäften und hierdurch mittelbar geschützt sein.

Denkbar sind etwa Kaufverträge über Forschungsdaten, bei denen der Erwerber eine rein faktische Position, nämlich die Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeit, erhält. Aus Arbeitsverträgen oder Aufträgen ergibt sich mitunter ebenfalls die Pflicht, Forschungsdaten zur Verfügung zu stellen und sorgsam mit ihnen umzugehen, so dass im Fall des Datenverlusts Schadenersatzansprüche bestehen können.

Schutzlandprinzip für internationale Teams entscheidend

Soweit Forschungsdaten urheberrechtlich geschützt sind, ist stets der Urheber selbst Inhaber des Rechts. Dies ist etwa der Verfasser eines Textes oder die Person, die eine Zeichnung oder ähnliches angefertigt hat. Bei Licht- und Laufbildern erhält derjenige das Schutzrecht, der das Bild oder Video aufnimmt, also den Auslöser betätigt. Unerheblich ist – zumindest für die originäre Rechtsinhaberschaft – ob die Tätigkeit im Auftrag oder finanziert durch einen anderen durchgeführt wurde.

Etwas anderes gilt allein beim Datenbankschutz: Hier steht ein Investitionsschutz im Vordergrund und die Person oder Institution, die die Investition getätigt hat, ist Rechtsinhaber.
Arbeiten Forscher in (internationalen) Teams und tragen hierbei Forschungsdaten zusammen, erhält jeder für die von ihm erstellten Daten (ihre Schutzfähigkeit vorausgesetzt) ein Urheberrecht beziehungsweise Leistungsschutzrecht.

In internationalen Konstellationen gilt das sogenannte Schutzlandprinzip": Ob und unter welchen Voraussetzungen Forschungsdaten urheberrechtlich schutzfähig sind, wird nach dem Recht desjenigen Staates beurteilt, für dessen Gebiet Schutz ersucht wird. Deutsches Recht kommt damit etwa zur Anwendung, wenn ein (ausländischer) Urheber gegen die Vervielfältigung oder Zugänglichmachung seiner Forschungsdaten an einer deutschen Hochschule vorgeht.

Das Urheberrecht ist unübertragbar; der Urheber kann sein Recht nicht an eine andere Person veräußern. Gleiches gilt (nach ganz überwiegender Ansicht) für die Rechte der Licht- und Laufbildhersteller. Dritten können jedoch Nutzungsrechte eingeräumt werden, die ihnen Nutzung und Verwertung des Rechts erlauben. Für Werke oder leistungsschutzrechtlich geschützte Inhalte, die im Rahmen eines Angestellten- oder Auftragsverhältnisses geschaffen werden, ergibt sich in der Regel bereits aus diesem Verhältnis (ausdrücklich oder stillschweigend) ein Nutzungsrecht zugunsten des Arbeit- beziehungsweise Auftraggebers.

Im Hochschulbereich gelten Besonderheiten: Aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit folgt, dass Hochschullehrer ihre Aufgaben generell selbstständig wahrnehmen. Sie sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Dienstherren ihre Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen (allein bei Hochschulerfindungen besteht ein Verwertungsrecht zugunsten des Dienstherren unter Erlösbeteiligung des Wissenschaftlers).

Nicht von diesem Privileg erfasst sind sogenannte "Pflichtwerke", die Hochschulangestellte in Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erstellen. Werden Forschungsdaten also etwa von Assistenten erhoben, die einem Forscher(team) zuarbeiten, erlangt die Hochschule hieran ein Nutzungsrecht. Dieses kann etwa erlauben, die Forschungsdaten zu vervielfältigen, in einem Repositorium zu speichern und anderen zugänglich zu machen.

Aus der Wissenschaftsfreiheit folgt auch, dass Hochschullehrer grundsätzlich frei darüber entscheiden können, ob ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht werden. Bei drittmittelfinanzierter Forschung kann die Förderung allerdings an die Pflicht zur (open access) Veröffentlichung der Forschungsdaten geknüpft sein. Hier muss im konkreten Fall abgewogen werden, ob tatsächlich ein berechtigtes Interesse des Wissenschaftlers besteht, die Forschungsdaten nicht zu veröffentlichen, welches das Zugangsinteresse des Drittmittelgebers beziehungsweise der Öffentlichkeit überwiegt.

Ob ein Wissenschaftler Forschungsdaten über das konkrete Projekt hinaus weiternutzen und etwa im Falle eines Institutionenwechsels mitnehmen darf, ist nicht immer leicht zu beantworten, denn meist haben verschiedene Personen an der Sammlung und Aufbereitung der Daten mitgewirkt. Für die von wissenschaftlichem Personal im Rahmen ihrer dienstlichen Pflichten geschaffenen Forschungsdaten erhält nicht der (leitende) Forscher, sondern der Dienstherr das Nutzungsrecht, so dass diese Daten nicht ohne Weiteres an eine andere Institution mitgenommen werden dürfen.

Gleiches gilt in Bezug auf Forschungsdaten, die nicht urheberrechtlich schutzfähig sind. Zwar stellt deren Mitnahme und Weiternutzung keine Urheberrechtsverletzung dar, sie kann aber vertragswidrig sein und zu Schadenersatzansprüchen des Dienstherren oder anderer beteiligter Forscher führen. Um Streitigkeiten dieser Art vorzubeugen, empfiehlt es sich (gerade bei internationalen Kooperationen) zu Beginn des Forschungsprojekts entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

Datenschutzrecht bezieht sich nur auf personenbezogene Daten

Im Hinblick auf die Rechte an Forschungsdaten sind drei Aspekte voneinander zu trennen: die originäre Rechtsinhaberschaft, die (vertragliche) Nutzungsbefugnis und die Rechte Dritter, die Verwendung der Forschungsdaten zu begrenzen. Das Datenschutzrecht betrifft nur letzteren Aspekt. Es schützt die informationelle Selbstbestimmung von Personen und gewährt dem von einer Datenverarbeitung Betroffenen bestimmte Rechte.

Er kann über Speicherung und Verwendung seiner Daten – im Grundsatz – frei entscheiden und etwa die Berichtigung oder Löschung von Daten verlangen. Eine Zuweisung der rechtlichen Inhaberschaft an Daten nimmt das Datenschutzrecht nicht vor. Im Folgenden werden die wichtigsten datenschutzrechtlichen Aspekte beim Umgang mit Forschungsdaten angerissen.

Datenschutzrecht bezieht sich nur auf personenbezogene Daten. Dies sind Information über eine bestimmte oder (in Kombination mit anderen Informationen, die der Verarbeitende selbst oder unter Mithilfe eines Dritten einsetzen kann) bestimmbare Person. Sachbezogene Forschungsdaten, Ergebnisse quantitativer Befragungen oder faktisch anonymisierte Daten (die unter realistischen Umständen nicht deanonymisierbar sind) unterliegen keinen datenschutzrechtlichen Einschränkungen.

Die Verarbeitung (also unter anderem die Erhebung, Speicherung und Nutzung) personenbezogener Daten ist nur mit Einwilligung des Betroffenen oder auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis zulässig. Im Forschungskontext spielt vor allem die Einwilligung eine wichtige Rolle, die allerdings jederzeit frei widerruflich ist.

Da die Einwilligung auf einer freien und informierten Entscheidung des Betroffenen beruhen soll, muss eine genaue Aufklärung über die Zwecke der Verarbeitung erfolgen (informed consent). Ergeben sich später Änderungen des Forschungsziels, soll eine Weiternutzung zu anderen wissenschaftlichen Zwecken oder eine (ursprünglich nicht geplante) open-access-Veröffentlichung der Forschungsdaten erfolgen, sind diese nicht unbedingt von der Einwilligung gedeckt. Gerade die durch die Digitalisierung (großer) Datenbestände ermöglichten neuen Forschungspotenziale stellen die datenschutzrechtliche Einwilligung daher vor Herausforderungen.

Die seit dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ermöglicht allerdings auch eine Einwilligung im Wege des broad consent, also ohne abschließende Konkretisierung der Forschungszwecke. Die wissenschaftliche Forschung wird von der DSGVO und dem neugefassten Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auch an anderer Stelle privilegiert: Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung dürfen Daten auch dann verarbeitet werden, wenn sie ursprünglich aus anderen Gründen erhoben wurden.

Sowohl diese gesetzlichen Privilegierungen als auch die Einwilligung durch broad consent gewähren Forschern und Institutionen mehr Freiheit und können bei entsprechender Interessenabwägung auch Big-Data-Analysen ermöglichen. Dies gilt jedoch zunächst nur aus Perspektive des (Datenschutz-)Rechts. Ethikleitlinien, insbesondere bei Forschungsprojekten in der Medizin, stellen mitunter strengere Anforderungen an die Informiertheit des Betroffenen im Hinblick auf die Forschungszwecke.

Die datenschutzrechtlichen Vorgaben zeigen: Um die langfristige Nutzung, Speicherung und Zugänglichkeit von Forschungsdaten auch rechtlich auf ein solides Fundament zu stellen, ist eine präzise Dokumentation der Umstände der Erhebung von Forschungsdaten unumgänglich. Nur so ist auch gewährleistet, dass ein etwaiger Widerruf datenschutzrechtlicher Einwilligungen tatsächlich berücksichtigt wird.

Da Forschungsdaten zumindest potenziell urheberrechtlich geschützt sein können, sollte zudem Nachweis über die erforderlichen Nutzungsrechte geführt werden. Auch bei Forschungsdaten, die weder personenbezogen sind noch vom Urheberrecht beziehungsweise verwandten Schutzrechten erfasst werden, empfiehlt es sich, vertragliche Regelungen über die Nutzungsbefugnis zu treffen. Auf diese Weise werden nicht nur Schadensersatzansprüche vermieden, sondern auch eine harmonische und vertrauensvolle Forschungszusammenarbeit sichergestellt.

2 Kommentare

  • Torsten Bronger „Das Urheberrecht schützt stets die Form eines Werkes, nicht seinen Inhalt“ — Was wäre denn bei z.B. einem Roman Form und was Inhalt?
    • Linda Kuschel Vielen Dank für die sehr gute Frage!

      Das Urheberrecht erstreckt sich nicht auf Fakten. Während die Differenzierung zwischen Inhalt und Form bei wissenschaftlichen Forschungsergebnissen noch recht einfach ist („Inhalt“ der Forschungsergebnisse sind Fakten, die Art der Darstellung hingegen ist die „Form“), wird es bei fiktiven Erzählungen schon schwieriger.

      Werden in einem Roman tatsächliche Geschehnisse (etwa die Biografie einer bekannten Persönlichkeit oder eine Katastrophe) verarbeitet, erstreckt sich der Urheberrechtsschutz nicht auf diese Tatsachen, sondern nur auf die fiktiven (kreativen) Elemente des Romans. Urheberrechtlich geschützt sind daher etwa die erfundenen Charaktere eines Romans. Wiederum urheberrechtlich frei, ist aber die Idee, die hinter einer Erzählung steht, sowie typische Erzählmuster und dramaturgische Elemente. Das bedeutet etwa, dass jedermann einen Roman verfassen kann, der das Schicksal eines jungen Zauberlehrlings erzählt. Wenn dieser Zauberlehrling allerdings eine blitzförmige Narbe auf der Stirn trägt, eine Freundin namens Hermine hat und gegen „Du-weißt-schon-wen“ kämpft, weist die Erzählung in ihren Details höchstwahrscheinlich eine zu große Ähnlichkeit mit den Abenteuern von Harry Potter auf und wäre urheberrechtlich daher problematisch. Wo genau hier die Grenze verläuft, ist abstrakt leider kaum zu klären.

      Für die Belange von Wissenschaft und Lehre ist in jedem Fall wichtig, dass das wortwörtliche Kopieren von Textpassagen (egal ob es sich um einen fiktionalen oder nicht-fiktionalen Text handelt) urheberrechtlich relevant und nur im Rahmen der Schranken, insbesondere des Zitatrechts, erlaubt ist.