Biologie
Wissenschaftler fordern mehr Freiheit bei der Datennutzung
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt haben dafür plädiert, öffentlich zugängliche Genomdaten auch tatsächlich als offene Daten zu behandeln. Je mehr Untersuchungen und Veröffentlichungen aus vorhandenen Daten hervorgingen, desto besser, fordern sie in einer in der Zeitschrift Science veröffentlichten Erklärung.
Aktuell sind laut Angaben der Wissenschaftler die Genomdaten zwar schnell einsehbar, da riesige Datensätze oft gleich nach der Sequenzierung online verfügbar sind. Ihre Verwertung bleibe aber eingeschränkt, da die Forscherinnen und Forscher, die die Daten erzeugt hätten, auch als erste die daraus entstehenden Erkenntnisse veröffentlichen dürften. Andere Forschungsgruppen müssten warten. So komme es, dass manchmal Jahre zwischen der Freigabe der Genomdaten und der Publikation erster Datenanalysen vergingen.
Die Autorinnen und Autoren des Aufrufs beklagen in "Science" einen Mangel an Richtlinien zur Datennutzung. Dies schade nicht nur dem wissenschaftlichen Fortschritt, sondern widerspräche häufig auch den Vorgaben der Förderinstitutionen. Nur durch klare Regeln könne der Konflikt zwischen freier Nutzung und privilegierter Erstveröffentlichung gelöst werden. Wichtig seien vor allem Mechanismen zur Dokumentation und Wertschätzung, wenn genomische Daten öffentlich gemacht würden. Wer seine Daten anderen Forschern uneingeschränkt zur Verfügung stelle, müsse dafür die angemessene Anerkennung erfahren.
"Der Wegfall des Erstveröffentlichungsrechts mag im Einzelfall unfair erscheinen", erläutert einer der Unterzeichner, der Direktor des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie Professor Rudolf Amann. "Für die Weiterentwicklung der Lebenswissenschaften ist es aber essenziell, dass frei verfügbare Sequenzdaten auch sofort von allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre Analysen und Veröffentlichungen genutzt werden können."
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass sich die Art der Erforschung der mikrobiellen Bewohner unserer Umwelt und unseres Körpers in den letzten Jahrzehnten "massiv" verändert habe. Moderne Methoden der Genomanalyse – also der Analyse des Erbguts der Mikroben oder ganzer Mikrobengemeinschaften – ermöglichten immer umfassendere und detailliertere Untersuchungen. Dabei entstehen riesige Datenmengen. Deren Auswertung erlaube beispielsweise Rückschlüsse auf die Funktion von Mikroorganismen und ihre Wechselwirkungen untereinander sowie mit höheren Lebewesen.
gri