Eine Arbeitsgruppe arbeitet mit Flipchart und Laptop.
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Teamarbeit
Leidet die Motivation bei der Arbeit im Team?

Teamarbeit ist in den meisten Disziplinen zunehmend die vorherrschende Arbeitsform. Wie motiviert können Teams in der Wissenschaft sein?

Für die immer weiter voranschreitende Verbreitung von Teamarbeit gibt es gute Gründe. So bringen Teammitglieder oft verschiedene Perspektiven in die gemeinsame Arbeit ein. Diese Perspektiven entstehen beispielsweise aufgrund unterschiedlicher demografischer Merkmale (etwa Alter, Geschlecht, Herkunft), aufgrund ausbildungs- und berufsbezogener Merkmale (beispielsweise Stu­dien­fach, berufliche Spezialisierung, Berufserfahrung) oder aufgrund unterschiedlicher Vorerfahrungen. Das Einbringen dieser Perspektiven kann in wissenschaftlichen Teams zu einer besseren Informationsverarbeitung, zu einem höheren Verständnis der zu bearbeitenden Forschungsfragestellung sowie zu mehr Kreativität bei erforderlichen Problemlösungen führen.

Ein weiterer Vorteil von Teamarbeit in der Wissenschaft ist, dass Teammitglieder die verschiedenen benötigten Expertisen in Forschungsprojekten abdecken können. Schließlich ist wissenschaftliches Arbeiten mittlerweile in vielen Bereichen so komplex, dass Einzelpersonen oft nicht alle notwendigen Fähigkeiten zum erfolgreichen Abschluss von Projekten in sich vereinen. Weiterhin können Teammitglieder im Forschungsprozess voneinander lernen (von der Planung von Forschungsprojekten bis zum Revidieren wissenschaftlicher Manuskripte; das sogenannte Gruppenlernen), so dass wissenschaftliche Teamarbeit auch als eine Personalentwicklungsmaßnahme verstanden werden kann.

Als weiterer Vorteil von Teamarbeit ist schließlich die gegenseitige soziale Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen (und Vorgesetzte) zu nennen. Sie ist gerade dann im Arbeitsprozess besonders wichtig, wenn es zu angespannten oder stressreichen Situationen kommt. Insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der häufig besonders psychisch belastet ist, kann soziale Unterstützung eine wichtige Ressource zur Bewältigung von arbeitsbezogenem Stress sein. Diese soziale Unterstützung ist wahrscheinlicher und auch häufiger, wenn Menschen im Team arbeiten.

Die Gefahr von Motivationsverlusten

Angesichts dieser vielfältigen Vorteile wundert die Entwicklung hin zu mehr Teamarbeit in der Wissenschaft nicht. Allerdings genießt Teamarbeit in einer Hinsicht einen schlechten Ruf: Wissenschaftliche Theorien zur Erklärung der Produktivität von Teams (vor allem aus den Wirtschaftswissenschaften, aber auch aus der Psychologie), haben für lange Zeit angenommen, dass die Arbeitsmotivation von Menschen zwangsläufig sinkt, sobald sie im Team arbeiten. Diese Ansätze postulieren, dass Teammitglieder – möglichst durch die zuständige Führungskraft – eng überwacht werden müssen, um nicht an Produktivität einzubüßen. Zudem nehmen sie an, dass materielle Anreize eine zentrale, wenn nicht gar notwendige Rolle dabei spielen, diese sogenannten Motivationsverluste (das heißt, weniger Anstrengung bei Team- als bei individueller Arbeit) bei der Teamarbeit zu verhindern.

Dass viele Menschen die Gefahr von solchen Motivationsverlusten für recht groß halten, hängt mutmaßlich damit zusammen, dass sie verschiedene Erfahrungen mit schlecht gestalteter Teamarbeit (zum Beispiel in Ausbildung und Beruf) gemacht haben. Dass Menschen schlechte Erfahrungen oft besser erinnern als gute, mag diese allgemeine Wahrnehmung und Erwartung noch weiter verstärken.

Stand der Forschung zu Teamarbeit

In der Tat scheinen ältere Laborstudien, die vor allem in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts durchgeführt wurden, diese eher pessimistische Perspektive auf die motivationalen Konsequenzen von Teamarbeit eher zu stützen. In eigenen Studien, die wir vor allem im Feld durchgeführt haben, und auch in einer aktuellen systematischen Übersichtsarbeit kommen wir allerdings zu anderen und differenzierteren Schlussfolgerungen. Als übergeordneter Befund dieser Arbeiten zeigt sich, dass es von den gegebenen Randbedingungen abhängt (das heißt, auf die konkrete Gestaltung von Teamarbeit ankommt), ob tatsächlich Motivationsverluste bei der Teamarbeit auftreten oder sogar Motivationsgewinne (also mehr Anstrengung bei Team- als bei individueller Arbeit).

Mittlerweile liegen auch in etwa gleich viele Studien vor, die beide Arten von Befunden zeigen. Motivationsgewinne sind nicht zuletzt deswegen ein interessanter Befund, weil sie in traditionellen theoretischen Modellen zur Erklärung der Produktivität von Arbeitsteams häufig gar nicht als Möglichkeit vorgesehen sind. Diese Modelle beschreiben häufig nur die Möglichkeit der Anstrengungsreduktion und stellen Überlegungen dazu an, wie einer solchen Reduktion vorgebeugt werden kann.

Wann es zu Motivationsgewinnen kommt

Unter welchen Bedingungen kommt es nun zu Motivationsverlusten bei der Teamarbeit? Sie kommen in Laboruntersuchungen vor allem vor, wenn die folgenden Bedingungen gegeben sind: 1. Wenn die Teammitglieder ihren individuellen Beitrag als verzichtbar für die Gesamtleistung des Teams wahrnehmen, 2. wenn sie keine Möglichkeit haben, ihre eigene Leistung mit der Leistung von anderen Mitgliedern zu vergleichen und 3. wenn ihre Leistung nicht von Dritten bewertet werden kann. Allerdings zeigt der Vergleich von Labor- und Feldstudien zu Motivationsverlusten, dass diese in Feldstudien weniger stark ausgeprägt sind. Arbeiten Teammitglieder also nicht mit Fremden, weitgehend anonym, und an eher künstlichen Aufgaben (wie es in der Regel in Laborstudien der Fall ist), ist ihre Neigung, die eigenen Anstrengungen zu reduzieren, weniger ausgeprägt.

Unter welchen Bedingungen zeigen sich demgegenüber Motivationsgewinne bei der Teamarbeit? Zunächst einmal hängen Motivationsgewinne nicht davon ab, ob eine Studie im Labor oder unter Feldbedingungen durchgeführt wurde. Das heißt, dass diejenigen Faktoren, die eine erhöhte Anstrengungsbereitschaft bei der Teamarbeit hervorrufen, in beiden Typen von Situationen gleichermaßen ihre Wirkung entfalten. Diese Faktoren umfassen vor allem 1. die wahrgenommene Unverzichtbarkeit des individuellen Beitrags für die Gesamtleistung des Teams und 2. den Vergleich der eigenen Leistung mit der Leistung anderer Teammitglieder. Die gegebene Bewertbarkeit und damit die Möglichkeit zur Überwachung der individuellen Leistungen durch Dritte führt hingegen nicht zu erhöhter Anstrengungsbereitschaft.

Wie sollten wissenschaftliche Teams arbeiten?

Inwieweit sind diese Ergebnisse informativ für die Gestaltung des Arbeitsalltags von wissenschaftlichen Teams? Entlang der berichteten Befunde können folgende vier Ableitungen gemacht werden. Erstens kann schlecht gestaltete Teamarbeit, bei der die Mitglieder ihren Beitrag zur Teamleistung als entbehrlich empfinden oder bei der die Beiträge der einzelnen Mitglieder nicht transparent sind, sicherlich auch im Wissenschaftskontext zur Reduktion individueller Anstrengungen führen. Zweitens löst eine strikte Überwachung der Teammitglieder dieses Problem zwar wahrscheinlich, aber sie wirkt nachvollziehbarerweise nicht besonders motivierend auf die Teammitglieder.

Drittens sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler soziale Wesen, für die es motivierend sein sollte, wenn sie mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur Teamleistung leisten können – wenn sie also Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für (die Arbeitsergebnisse ihrer) Kolleginnen und Kollegen tragen. Viertens kann es schließlich auch motivierend wirken, die eigenen individuellen Beiträge mit denen von insbesondere etwas leistungsstärkeren Mitgliedern des eigenen Teams vergleichen zu können. Dieses Motivationspotenzial besteht allerdings vor allem in neu zusammengestellten Teams, während entsprechende Vergleiche mit langjährigen Teammitgliedern weniger informativ und motivierend sind.

In diesem Sinne gut gestaltete Teamarbeit kann also nicht "nur" Motivationsverluste bei der wissenschaftlichen Teamarbeit verhindern, sondern die Anstrengungsbereitschaft der Teammitglieder sogar erhöhen.