Studentin sitzt mit Kopfhörern zu Hause vor einem Laptop und verfolgt eine Onlinevorlesung.
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Lerneffizienz
Mit doppelter Geschwindigkeit durch die Vorlesung?

Viele Studierende schauen Videovorlesungen mit erhöhter Abspielgeschwindigkeit. Welche Folgen das für den Lerneffekt hat, erforscht eine Studie.

19.01.2022

Eine Beschleunigung der Abspielgeschwindigkeit auf das Eineinhalbfache oder Doppelte beeinflusst das Verständnis von Onlinevorlesungen kaum, wie Forschende am Department für Psychologie der Universität von Kalifornien herausgefunden haben. Sie haben in unterschiedlichen Experimenten erforscht, wie die Abspielgeschwindigkeit von Lernvideos den Lerneffekt beeinflusst. Teilnehmende, die das Video doppelt so schnell abgespielt hatten, schnitten bei einem anschließenden Wissenstest ähnlich ab, wie jene, die das Video bei Normalgeschwindigkeit angesehen hatten. Erst ab einer zweieinhalbfachen Geschwindigkeit setzten Verständnisschwierigkeiten ein. 85 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten im Rahmen der Studie angegeben, Videovorlesungen gewöhnlich mit erhöhter Geschwindigkeit anzusehen.

In Anschlussversuchen prüfte das Forschungsteam, welchen Einfluss es hat, ein Lernvideo zweimal mit doppelter Geschwindigkeit anzusehen. Die Ergebnisse des Wissenstests änderten sich in der Studie kaum im Vergleich zum einmaligen Anschauen bei normaler Geschwindigkeit, wenn die Vorlesung zweimal in doppelter Geschwindigkeit angesehen und jeweils direkt im Anschluss der Test durchgeführt wurde. Wenn allerdings erst mit einer Verzögerung von einer Woche geprüft wurde, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelernt hatten, schnitten jene, die das Video erst kurz vor dem Test noch ein zweites Mal in doppelter Geschwindigkeit ansahen, besser ab als die Testpersonen, die das Video eine Woche vorher einmal bei normaler Geschwindigkeit gesehen hatten.

Es wurden keine Unterschiede im Lerneffekt festgestellt, wenn Vorlesungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten angesehen werden, etwa zunächst mit der normalen Geschwindigkeit und im Anschluss beschleunigt oder andersherum.

Lernzeit ökonomisch behandeln

Das Autorenteam folgert, dass Studierende ihre Lernzeit strategisch aufteilen könnten, indem sie Vorlesungen zweimal mit bis zu doppelter Geschwindigkeit ansehen, wobei das zweite Mal kurz vor einer Klausur sein sollte. Dies könnte gerade in der aktuellen Situation mit einer größeren Zahl an digital angebotenen asynchronen Vorlesungen eine Möglichkeit sein, effektiver und auf die persönliche Situation angepasst zu lernen. Dabei sei zu beachten, dass die Ergebnisse der Studie dadurch begrenzt sind, dass komplexere Themen vielleicht weniger leicht mit erhöhter Geschwindigkeit erlernt werden könnten oder etwa visuelle Elemente durch die Beschleunigung nicht erkennbar sein könnten.  

Für die Versuche schauten sich jeweils zwischen 100 und 230 Studierende online Videos mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu den Themen Grundstücksbewertung und dem Römischen Reich an. Versuchspersonen mit Vorwissen zu diesen Themenfeldern wurden ausgeschlossen. Die Studie wurde in der Zeitschrift "Applied Cognitive Psychology" veröffentlicht.

cpy