Professorin Margret Wintermantel
Thilo Vogel

Margret Wintermantel
"Wissenschaft hält internationale Gesprächskanäle offen"

Mit diesem Jahr endet die Amtszeit von Margret Wintermantel. Die DAAD-Präsidentin im Kurzinterview über Internationalität in der Wissenschaft.

Von Katrin Schmermund 23.12.2019

F&L: Frau Wintermantel, welches Erlebnis ist Ihnen aus Ihrer Tätigkeit im internationalen Wissenschaftsaustausch besonders in Erinnerung geblieben?

Margret Wintermantel: Es ist kein einzelnes Erlebnis, sondern eine Erfahrung, die ich immer wieder mache, wenn ich Studierende oder Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen treffe, die unsere Fördermöglichkeiten wahrgenommen haben. Sie berichten, wie sehr sie davon profitierten und das ein Leben lang – in ihrer beruflichen, aber auch persönlichen Entwicklung. Ob dies der koreanische Professor für Maschinenbau in Seoul ist, die deutsche Sprachwissenschaftlerin in Cambridge oder der brasilianische Rechtswissenschaftler in Sao Paulo – ihre Wege sind beispielhaft für den hohen Wert des wissenschaftlichen Austauschs.

F&L: Wie hat sich der internationale Austausch in den vergangenen Jahren entwickelt?

Margret Wintermantel: Was die Forschung betrifft, so hat neben den weltweiten Kontakten der europäische Forschungsraum eine noch größere Bedeutung bekommen, was sich in der Zahl der Kooperationen zeigt. Internationalität ist ja in der Wissenschaft nichts Neues, sie macht seit Jahrhunderten nicht an Grenzen halt. Und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben schon immer gewusst, dass es unabdingbar ist, international vernetzt zu sein, wenn man am Erkenntnisgewinn beteiligt sein möchte. In den letzten Jahren hat sich diese Überzeugung weiter durchgesetzt. Auch unter Studierenden wächst das Interesse nach draußen zu gehen – auch für kürzere Studienaufenthalte –, Neues zu erfahren, andere Kulturen kennen zu lernen, andere Perspektiven einzunehmen.

"Wir müssen die Internationalisierung der Hochschulen noch strategischer angehen und auf gesellschaftspolitische Herausforderungen adäquat reagieren."

F&L: Wie zeigt sich dieser Einfluss konkret in den deutschen Universitäten?

Margret Wintermantel: Ein Ergebnis des Vergleichs der Wissenschaftssysteme anderer Länder und der Bedeutung weltweiter Rankings ist die gestiegene Differenzierung des deutschen Hochschulsystems. Diese zeigt sich gerade in der Exzellenzinitiative und Exzellenzstrategie. Jetzt geht es darum, dass Hochschulen ihr je eigenes Profil entwickeln, um in einzelnen Bereichen in der internationalen Spitze mitzuspielen, aber auch in der Breite ihre Leistungsfähigkeit zu steigern.

F&L: Wie sehen Sie Deutschlands Position in der internationalen Wissenschaftslandschaft?

Margret Wintermantel: Deutschland hat weltweit den Ruf eines sehr guten und differenzierten Wissenschaftssystems. Im Zentrum steht dabei unsere Bildungstradition nach den Prinzipien Humboldts und der Einheit von Forschung und Lehre. Die hohe Qualität der Grundlagen- und angewandten Forschung wird international geschätzt.

F&L: Welche Schwerpunkte will der DAAD für die kommenden Jahre setzen, um den Wissenschaftsaustausch zwischen Deutschland und anderen Ländern weiter voranzubringen?

Margret Wintermantel: Wir müssen die Internationalisierung der Hochschulen im Wechselspiel zwischen Kooperation und Wettbewerb noch strategischer angehen und auf gesellschaftspolitische Herausforderungen adäquat reagieren, etwa auf die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit in einigen Gegenden dieser Welt. In der Kooperation mit Nationen, die die Werte der Toleranz, der Rechtsstaatlichkeit und der offenen Gesellschaft infrage stellen, gilt es, die richtigen Formate für den wissenschaftlichen Austausch zu finden. Grundsätzlich bietet dieser die Chance – und das hat sich in der Vergangenheit vielfach bewährt –, Gesprächskanäle aufrechtzuerhalten, wenn die diplomatischen Beziehungen schwierig geworden sind. Wir nutzen unser weltweites Netzwerk mit vielen Auslandspräsenzen und Informationszentren, um mit Akteurinnen und Akteuren vor Ort in Kontakt zu bleiben.