Landnutzung
Klimarat fordert Umdenken beim Fleischkonsum
Der Weltklimarat (IPCC) hat am Donnerstag in Genf einen Sonderbericht zur Erderwärmung und Landnutzung vorgelegt. Darin mahnt der Rat vor allem zu gemeinsamen Anstrengungen von Bevölkerung, Wirtschaft und Politik für eine nachhaltige Landwirtschaft und weniger Fleischkonsum. Der Klimarat empfiehlt zudem dringend, die Wälder und Moore besser zu schützen. An dem Bericht waren insgesamt 107 Klimaforscher aus 52 Ländern beteiligt, im Kernteam auch acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland.
Etwa ein Viertel der klimaschädlichen Emissionen stamme aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft und anderer Landnutzung. Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und die Versalzung von Böden infolge des Klimawandels haben laut Klimarat in vielen Regionen zur Dessertifiaktion beigetragen. Für die Ernährung der Weltbevölkerung seien die zunehmenden Wetterextreme eine erhebliche Bedrohung. Die Herausforderung, die wachsende Weltbevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen, werde durch den Klimawandel noch größer. Die Landwirtschaft beanspruche dafür große Flächen, zugleich seien für die CO2-Speicherung auch viele Wälder nötig. Die Ressource Land sei jedoch begrenzt.
Vor allem beim Fleischkonsum müsse ein gesamtgesellschaftliches Umdenken einsetzen. Die Produktion von Fleisch trage erheblich zum Klimawandel bei und erzeuge deutlich mehr Emissionen als die Produktion pflanzlicher Nahrung. Nach Ansicht der Expertinnen und Experten senke weniger Fleisch den Druck auf die Landflächen durch die Menschen. Dabei sei eine Anpassung des gesamten Systems der Nahrungsproduktion anzustreben, vom Landwirt über die Vertreiber bis zu den Verbrauchern – auch über den Kernfaktor Fleisch hinaus.
"Wir müssen alle gemeinsam anpacken und unsere Entscheidungen überdenken", mahnt Debra Roberts, eine der Autorinnen des Berichts. Dazu zähle auch das Konsumverhalten. Derzeit gingen 25 bis 30 Prozent aller Nahrungsmittel verloren oder würden verschwendet.
Bereits mehr als 1,5 Grad über Landflächen
Der Bericht folgt dem Sonderbericht von 2018, in dem der Klimarat eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad anstrebt. Im aktuellen Bericht warnt der IPCC, dass der weltweite Temperaturanstieg über den Landflächen bereits 1,53 Grad erreicht habe. Wenn die sich langsamer erwärmenden Meeresflächen berücksichtig werden, sei die globale Temperatur bislang um knapp 0,9 Grad gestiegen. Den Expertinnen und Experten zufolge ist eine angepasste und nachhaltige Landnutzung – einschließlich nachhaltiger Forstwirtschaft – Teil der Lösung, um das 1,5 Grad-Ziel noch zu erreichen. Darüber hinaus seien jedoch weitere Anstrengungen in anderen Sektoren notwendig.
Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut und einer der Hauptverantwortlichen des Sonderberichts sagte dazu: "Der aktuelle Bericht untermauert alle Aspekte und Handlungsoptionen der vorherigen Berichte und betont erneut die Dringlichkeit und alarmierende Notwendigkeit, jetzt zu handeln." Seiner Ansicht und Erfahrung nach erhöhe eine stetige Erinnerung und Interaktion mit der Gesellschaft deren Bereitschaft, gegen den Klimawandel zu handeln.
Frühes Handeln zahlt sich aus
Frühzeitiges Handeln verhindere nicht nur ein unnötiges späteres Krisenmanagement, es sei zudem deutlich kostengünstiger. Nachhaltige Landsysteme könnten bereits innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre etabliert werden. Diese könnten die negativen Folgen des Klimawandels, etwa auf die Landdegradierung, mindern, anpassen oder teilweise sogar umkehren. "In einer wärmeren Welt verlieren wir einige unserer derzeitgen Handlungsoptionen. Ein frühes Eingreifen erlaubt uns ein besseres Ergebnis", so Valérie Masson-Delmotte, eine der Leitautorinnen des Berichts.
Der Bericht fasst den wissenschaftlichen Kenntnisstand aus rund 7.000 wissenschaftlichen Studien über Ursachen und Wirkung des Klimawandels in Bezug auf ländliche Ökosysteme für Entscheidungsträger in der Politik zusammen. Die sieben Kapitel befassen sich mit der Landdegradierung, nachhaltigem Landmanagement, Ernährungssicherheit und Treibhausgasflüssen in Landsystemen. Seit Freitag haben Delegierte der fast 200 IPCC-Mitgliedsländer in Genf über die Zusammenfassung dieser Analyse beraten.
Im September soll ein weiterer Sonderbericht des IPCC zu Ozeanen und gefrorenen Flächen folgen. Die Bundesregierung will am 20. September ihre Klima-Strategie vorstellen. Am 23. September beraten die Staaten der Vereinten Nationen bei einem Klimagipfel über die Folgen des Temperaturanstiegs. Das Klimaschutzabkommens von Paris von 2015 hatte zum Ziel, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustrieller Zeit zu begrenzen.
ckr/dpa
aktualisiert am 08.08.2019 um 12:57 Uhr