Eine Frau hält bei einer Demonstration in Istanbul ein Bild und den Namen der Iranerin Mahsa Amini hoch.
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Iran
Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt an Elite-Uni vor

An der Scharif-Universität in Teheran soll die iranische Polizei Studierende und Professoren verprügelt haben. Sie beteiligten sich an Protesten.

03.10.2022

In der iranischen Hauptstadt Teheran sind Sicherheitskräfte örtlichen Medienberichten zufolge mit Gewalt gegen Studierende vorgegangen. In der Nacht zu Montag riegelten Polizisten und Milizen den Campus der renommierten Scharif-Universität nach Protesten ab. Auch mehrere Professoren der Elite-Universität sollen nach Angaben des iranischen Nachrichtenportals "Emtedad" verprügelt worden sein.

Seit Beginn der landesweiten Proteste im Iran demonstrierten Studierende an zahlreichen Universitäten gegen die Führung der islamischen Republik und ihren repressiven Kurs. Die Behörden sagten daraufhin in vielen Städten Vorlesungen ab. Auch an der Scharif-Uni wurden alle Vorlesungen ab Montag bis auf weiteres ausgesetzt. Nach Angaben des Nachrichtenportals Aftab-News werde der Unterricht nur noch online stattfinden. Studierenden zufolge ist das wegen der Internetsperren, die im Zusammenhang mit den systemkritischen Protesten verhängt wurden, derzeit kaum machbar.

Tausendfach in den sozialen Medien geteilte Videos, deren Echtheit zunächst nicht verifiziert werden konnte, zeigten eine starke Präsenz von Sicherheitskräften. Viele Menschen warfen den Milizen im Internet vor, mit Gewalt und scharfer Munition gegen Studierende vorzugehen. Die Staatsmedien sprachen unterdessen von einer ruhigen Lage und warfen den Medien im Ausland vor, Lügen zu verbreiten. Dutzende Autofahrer sollen die Straßen rund um den Campus blockiert haben, um Sicherheitskräfte aufzuhalten. Es soll viele Festnahmen geben.

Deutschland prüft Folgen für Beziehungen zum Iran

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) verurteilte am Dienstag in einer Stellungnahme die Gewalt gegen Studierende und Universitätsmitarbeitende im Iran. "Das gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstrationen, die Abriegelung von Hochschulen und das Aussetzen von Lehrveranstaltungen verurteilen wir mit Nachdruck", sagte DAAD-Präsident Professor Joybrato Mukherjee. Der DAAD werde sich mit der Bundesregierung, den Mitgliedshochschulen und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu möglichen Folgen für die außenwissenschaftspolitischen Beziehungen zum Iran abstimmen. Man werde diejenigen, die sich für Freiheit und Frauenrechte einsetzten, unterstützen. An den Universitäten des Landes hätten diese eine besonders starke Basis.

"Die Situation erfüllt uns mit größter Sorge", erklärte am Mittwoch auch der HRK-Präsident Professor Peter-André Alt. Streiks und Proteste habe es offenbar an mehr als einhundert Universitäten im Land gegeben, gegen die der iranische Staat mit zunehmnder Härte vorgehe. Die HRK appellierte an alle Beteiligten, auf Gewalt zu verzichten.

Auslöser der Demonstrationen ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor gut zwei Wochen. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der jungen Frau demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs von Regierung und Sicherheitskräften sowie gegen das islamische System.

zuletzt aktualisiert am 05.10.2022 zum 14.18 Uhr, zuerst veröffentlicht am 03.10.2022

dpa/ckr