Ein rundes, großes Bürogebäude an einem Fluss im Sonnenschein: Es ist das europäische Parlament in Straßburg
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Politik international
Universitäten sind "Rückgrat europäischer Innovation"

Die EUA rät der internationalen Politik zu mehr Zusammenarbeit mit den Universitäten. Eine Zukunftsvision zeigt Potentiale auf.

09.01.2024

Langfristig einplanbare, ausreichende Geldmittel stehen für den europäischen Hochschulverband ganz oben auf der Liste. In ihrem Forderungspapier formuliert die European University Association (EUA) insgesamt acht Empfehlungen für die Akteurinnen und Akteure aus der Politik im Vorfeld der diesjährigen Europawahl. Diese Anliegen seien die Rahmenbedingen eines neuen Gesellschaftsvertrags mit den Universitäten für ein starkes, offenes und zukunftssicheres Europa. 

„Als Rückgrat der europäischen Innovation und Entwicklung hat der Hochschul- und Forschungssektor viel zu bieten (…)."
Professor Josep M. Garrell , Präsident der EUA

Professor Josep M. Garrell , Präsident der EUA, erläutert die Vorteile einer intensiven Zusammenarbeit von Politik und Hochschulen: „Als Rückgrat der europäischen Innovation und Entwicklung hat der Hochschul- und Forschungssektor viel zu bieten, um die globale Wettbewerbsfähigkeit und die langfristigen Ambitionen unseres Kontinents voranzutreiben.“ 

Universität als wichtige Zukunftsgestalterin anerkennen 

Zu den zentralen Forderungen der EUA gehören beispielsweise die Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen sowie die Anerkennung der akademischen Freiheit. Außerdem brauche es laut des Papiers ein staatlich garantiertes, vorhersehbares Budget, das der Rolle der Institution Universität als Wissensvermittlerin, Brückenbauerin und Zukunftsgestalterin gerecht werde. Die Universitäten sollen demnach als gleichberechtigte Partnerinnen der Politik angerkannt werden, das heißt nicht als reine Werkzeuge für die Umsetzung politischer Entscheidungen angesehen werden.

Darüber hinaus sollen nach den Vorstellungen der European University Association die politischen Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene wirksamer gestaltet und neue europäischen Rechtsvorschriften seitens der Universitäten vor deren Verabschiedung gegengeprüft werden. Die EUA spricht hier von einem Universitäts-Check im Entwurfsstadium von EU-Vorschriften. 

Im Gespräch mit Times Higher Education sagte Thomas Jørgensen, EUA-Direktor für politische Koordinierung und Zukunftsforschung, dass die Einhaltung von EU-Vorschriften für Universitäten "zu einem immer größeren Problem" geworden sei, was die EUA dazu veranlasste, den Universitätscheck vorzuschlagen. "Sie haben all diese Regeln, die nicht für Universitäten gemacht sind und sich auf sie auswirken", sagte er. "Es wird unterschätzt, wie groß und wichtig der Sektor ist." Es sei seiner Meinung nach viel schlauer, die Universitäten in die Gesetztesentwurfsphase einzubeziehen, als im Nachhinein mit offenen Briefen und viel Bürokratie etwaige Fehlentwicklungen wieder zu beseitigen. 

Vier Zukunftsvisionen für die universitäre Zusammenarbeit

Das politische Forderungspapier der EUA wird begleitet von der Zukunftsprognose „What if“. Es ist ein Gedankenspiel zur Entwicklung der sechs Faktoren Politik, Recht, Soziales, Wirtschaft, Ökologie und Technik. 

Es führt zu vier verschiedenen Szenarien für die universitäre Zusammenarbeit: Wachstum, Einschränkung, Zusammenbruch oder Transformation. Beteiligt an diesem Projekt waren Universitätsleitungen, nationale Rektorenkonferenzen und Hochschulverbände, Experten und Expertinnen sowie Studierendenvertretungen. 

Die Szenarien: 

  • Beim Wachstums-Szenario spielen weltweite Universitäts-Kooperationen eine erhebliche Rolle für die Überlebenssicherung der Menschen. 
  • Bei der zweiten Prognose mit der Tendenz „Einschränkung“ findet die Zusammenarbeit weitgehend auf europäischer Ebene statt und wird ansonsten stark reguliert. 
  • Im Zusammenbruchs-Szenario führen Umweltkatastrophen und politische Polarisierung zum Ende der Hochschulkooperationen. 
  • Käme es zur Transformation, so prognostiziert die Studie ein Hochschulsystem in einer erweiterten EU. Dabei vereinen die Mitgliedstaaten aufgrund des geopolitischen, wirtschaftlichen und demografischen Drucks ihre internationalen Kompetenzen und Ressourcen. 

„Nur wenn wir uns für neue Wege der Auseinandersetzung mit der Zukunft öffnen, (…) können wir (…) uns in die Lage versetzen, die Perspektive zu ändern.“
Thomas E. Jørgensen und Anna-Lena Claeys-Kulik

Man nehme hier bewusst einen Blickwinkel der Möglichkeiten ein, erläutern der Autor und die Autorin des Berichts, Thomas E. Jørgensen und Anna-Lena Claeys-Kulik, Direktor beziehungsweise stellvertretende Direktorin für politische Koordinierung und Vorausschau bei EUA. „Nur wenn wir uns für neue Wege der Auseinandersetzung mit der Zukunft öffnen, zuhören, spüren und in verschiedene Szenarien hineinfühlen, können wir unseren Geist von den gegenwärtigen Herausforderungen und Notfällen lösen und uns in die Lage versetzen, die Perspektive zu ändern.“

 

Aktualisiert am 11.1.2024 um 11:00 Uhr, zuerst veröffentlicht am 9.01.2024

cva