Von Dürre ausgetrockneter Boden mit einer kleinen Pflanze, aufgenommen in Addis Abeba in Äthiopien
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Klimawandel in Afrika
Extreme Dürren und starke Überflutungen

Welche Folgen hat der Klimawandel für den afrikanischen Kontinent? Wie kann die Klimaforschung in Afrika die Bevölkerung schützen? Eine Analyse.

Von Andreas Fink 15.03.2023

In den Medien wird häufig postuliert, dass Afrika besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sei. Dabei ist meist unklar, inwieweit sich das auf ein im Vergleich zu anderen Regionen stärkeres Klimaänderungssignal, eine ungewöhnlich starke Exposition der Menschen gegenüber Wetter- und Klimaextremen oder ihre erhöhte Vulnerabilität bezieht. Eine quantitative Gegenüberstellung dieser drei Komponenten des Klimarisikos ist allerdings in der Praxis und auf einzelne Regionen heruntergebrochen eine sehr komplexe und schwierige Aufgabe, noch dazu sind solche Angaben immer mit Unsicherheit behaftet. In diesem Kurzbeitrag liegt ein Fokus auf dem beobachteten Klimaänderungssignal und auf Fragen der Attribution desselben zur anthropogen verursachten Klimaänderung.

Sahelregion

Eine Region, die in den vergangenen Jahrzehnten zunächst durch extreme Dürren, jüngst aber auch durch starke Überflutungen immer wieder im Zentrum des öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses lag, ist die Sahelregion. Sie erstreckt sich als semi-aride Zone südlich der Sahara von der Atlantikküste Senegals über mehr als 5.000 Kilometer nach Osten bis zu den Stränden Eritreas am Roten Meer. Nach sehr feuchten Jahrzehnten Mitte des letzten Jahrhunderts traten Anfang der 1970er und 1980er Jahre extreme Dürren mit Hungersnöten auf. Seit Beginn der 1990er Jahre beobachten wir wieder ein wachsendes Niederschlagsaufkommen im gesamten Sahel und zuletzt immer wieder extrem feuchte Jahre mit weiträumigen Überschwemmungen an den großen Flüssen wie Niger und Nil. Bisher wurden aber die mittleren Jahressummen der feuchten Jahrzehnte um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts nicht erreicht.

Was wissen wir über die Ursachen der dekadischen Klimaschwankungen im Sahel? Einen großen Anteil haben weitgehend natürliche Schwankungen der Ozeantemperaturen besonders im Nord- und Südatlantik. Ein ungewöhnlich kalter Atlantik nördlich des Äquators reduziert die Niederschläge im Sahel – dies war in den 1970er und 1980er Jahren der Fall. Sind die Klimaschwankungen im Sahel daher nicht auf die Klimaerwärmung zurückzuführen? Nach aktuellen Erkenntnissen darf dies verneint werden, denn in den letzten Jahren hat es während der Regenzeit kurzfristige, intensive Niederschlagsepisoden gegeben, die bisher in den Beobachtungen nicht auftraten. Anders ausgedrückt: Die Wiederkehrzeiten extremer Tagesniederschläge werden immer kürzer. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die beobachtete wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf enthalten kann. Leider ist die Datenlage im Sahel zu dünn, um diese Hypothese für die ganze Region zu belegen.

Ostafrika

Derzeit herrscht am Horn von Afrika eine extreme Dürre und Hungersnot, nachdem die letzten fünf Regenzeiten stark unterdurchschnittlich ausgefallen sind. Was ist der Stand der Klimawissenschaften bezüglich der Ursachen dieses seit mindestens 70 Jahren stärksten Dürreereignisses in Ostafrika? Eine Rolle spielt wieder eine natürliche Klimaschwankung, in diesem Fall ein mit drei Jahren ungewöhnlich lang andauerndes La-Niña-Ereignis im tropischen Pazifik – allerdings traten solche dreijährigen Ereignisse schon zweimal in den letzten 60 Jahren auf. Aber hier kommt eine mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Klimaerwärmung zurückzuführende Veränderung der Ozeanoberflächentemperaturen im Westpazifik verstärkend dazu – dies ist vermutlich auch der Grund, warum die Niederschläge in Ostafrika in den letzten 25 Jahren rückläufig sind. Diese Fernwirkung wird wie bei La Niña durch die tropische Walkerzelle über dem Indischen Ozean vermittelt. Die Klimamodelle zeichnen die derzeit zu beobachtende Austrocknung nicht nach – dies wird auch als "ostafrikanisches Paradox" bezeichnet.

Südliches Afrika

Eine weitere Region, die im letzten Jahrzehnt häufig von Dürren betroffen war, ist das südliche Afrika. In Erinnerung ist noch die Krise in der städtischen Wasserversorgung von Kapstadt  im Jahr 2018 nach mehreren Dürrejahren oder die fast ausgetrockneten Viktoriafälle am Sambesi Ende 2019. In der Regenzeit 2018/2019 waren aber auch Botswana und weite Teile von Namibia von einer extremen Dürre betroffen. Sowohl der Rückgang der Winterregen im mediterranen Klima von Kapstadt als auch ein verspätetes Einsetzen der Regenzeit in den Randtropen des südlichen Afrika sind mit den Projektionen der Klimamodelle konsistent und ein Zusammenhang mit der anthropogenen Klimaerwärmung ist wahrscheinlich.

Die Literatur zu den drei erwähnten Beispielen lässt den Schluss zu, dass beobachtete Trends im mittleren Niederschlag oder in der Niederschlagsintensität zumindest teilweise und besonders in den letzten beiden Jahrzehnten auf die Klimaerwärmung zurückzuführen sind. Eine verbesserte "Beweisführung" wird durch drei Aspekte erschwert: durch den Mangel an einem dichten, über viele Jahre funktionierenden hydrometeorologischen Messnetz, durch die Defizite in den für die explizite Simulation von Tropengewittern und ozeanischen Mischungsprozessen zu grob aufgelösten Klimamodellen und – damit verknüpft – durch das mangelnde Verständnis regionaler Klimaprozesse.

Aufgaben der Klimaforschung

Wie kann die Klimaforschung in Afrika dazu beitragen, mit den durch den Klimawandel bedingten Gefahren umzugehen und die Bevölkerung zu schützen? Letztere ist durch Subsistenzlandwirtschaft, welche als Regenfeldbau betrieben wird, geringe finanzielle Ressourcen, eine gegenüber extremen Wetter- und Witterungsereignissen sehr anfällige Infrastruktur, aber auch durch schwache staatliche Behörden, politische Instabilität bis hin zu Bürgerkriegen sehr anfällig gegenüber dem Klimawandel. Einmal müssen die existierenden hydrometeorologischen Netzwerke instandgesetzt und neue automatische Messstationen aufgestellt werden. Dies erfordert eine langfristige Finanzierung, zum Beispiel aus Kompensationszahlungen des Globalen Nordens an Staaten in Afrika. Es erfordert aber auch eine intensivere Zusammenarbeit mit den Regierungen und hydrometeorologischen Diensten und einer transparenten Erfolgskontrolle, ob die Messungen auch nachhaltig durchgeführt werden. Eine Ertüchtigung des Messnetzes in Afrika ist seit Jahrzehnten eine Forderung aus der Wissenschaft – derzeit scheinen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzierung so vielversprechend wie lange nicht.

Weiterhin ist der Einsatz rechenintensiver, hochaufgelöster Wetter- und Klimamodelle für verbesserte Frühwarnsysteme und verlässlichere Klimaprojektionen unbedingt notwendig – aus praktischen Gründen zuerst im Globalen Norden, aber zunehmend auch an Hochleistungsrechnern in Afrika. Dennoch werden Wettervorhersagen, aber auch Klimaprojektionen durch die Stochastizität von kleinräumigen Prozessen – wie Tropengewittern und deren Auslösung durch bodennahe, hochturbulente Prozesse – immer eine höhere Unsicherheit haben als in den mittleren Breiten. Das heißt, Aufgabe der Wetter- und Klimaforschung in Afrika ist eine – im Verbund mit anderen Wissenschaften, Entscheidungsträgern und Menschen vor Ort – für die Praxis anwendbare Kommunikation dieser Unsicherheiten. Dies sind angesichts der aktuellen Entwicklungen drängende Aufgaben, deren Umsetzung aber bedauerlicherweise Zeit brauchen wird.