Menschen sitzen im Sommer bei Sonnenuntergang am Münchner Stachusbrunnen
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Klimaanpassung
Gesundheit in Zeiten des Klimawandels

Der Klimawandel wirkt sich bereits auf die menschliche Gesundheit aus. Welche Anpassungen müssen wir vornehmen, um Gesundheitsrisiken zu mildern?

Von Claudia Hornberg 02.06.2023

Der Klimawandel beeinträchtigt auch in Deutschland die Gesundheit der Menschen in vielfältiger Weise. Durch den Klimawandel nehmen Häufigkeit und Intensität extremer Wetter- und Klimaereignisse, also etwa Hitzewellen oder Starkregen, zu. Damit verbunden steigen auch die direkten und indirekten gesundheitlichen Folgen des Klimawandels. Um Gesundheit und Wohlbefinden zu schützen und zu erhalten, sind konsequent umgesetzte Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen notwendig.

"Überhitzung belastet vor allem das Gehirn, das Herzkreislaufsystem und die Nieren."

Hitzewellen gehören zu den größten Gesundheitsrisiken des Klimawandels in Deutschland. Der menschliche Körper kann seine Körperkerntemperatur mithilfe der Thermoregulation bis zu einem gewissen Grad an die Außentemperaturen anpassen. Allerdings sind diese Fähigkeiten bei anhaltender extremer Hitze begrenzt. Die Effektivität der Thermoregulation hängt von Faktoren wie Alter und Gesundheitszustand einer Person ab. So sind zum Beispiel Kleinkinder, ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen besonders anfällig gegenüber Hitze. Neuere Untersuchungen geben Hinweise, dass die Geburtenrate an Tagen mit Höchsttemperatur von mehr als 32 Grad steigt, dies erhöht zwar nicht die Gefahr von Frühgeburten, aber kann zu verkürzten Schwangerschaften führen. Es gibt verschiedene Wirkungen auf die Gesundheit: Überhitzung und der damit verbundene Wasser- und Elektrolytverlust belasten vor allem das Gehirn, das Herzkreislaufsystem und die Nieren. Mögliche Folgen sind eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit, hitzebedingte Erkrankungen (zum Beispiel Hitzschlag, Hitzekollaps) sowie Herz-Kreislauf- und allergische Atemwegserkrankungen. Im Extremfall kommt es zum Tod: So starben im Sommer 2022 in Deutschland schätzungsweise 4.500 Menschen an den Folgen der Hitze.

Folgen des Klimawandels für die Gesundheit

Durch den sich verschärfenden Klimawandel werden die Auswirkungen von Hitzewellen weiter zunehmen. Der demografische Wandel lässt den Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft ansteigen. Damit steigt künftig die Anfälligkeit der Gesellschaft für hitzebedingte Erkrankungen. Zudem gibt es Hinweise, dass sozial benachteiligte Menschen überproportional von Hitze betroffen sind. Sie sind einerseits stärker exponiert, da sie oftmals in schlecht gedämmten Räumen wohnen. Zum anderen haben sozial Benachteiligte vielfach einen schlechteren Gesundheitszustand und leiden eher an Vorerkrankungen, was sie wiederum anfälliger für Hitze macht.

Starkregenereignisse sind ein anderes Wetterextrem, welches mit dem Klimawandel häufiger auftritt. Denn durch die höheren globalen Durchschnittstemperaturen verdunstet mehr Wasser, das die Atmosphäre aufnimmt. Mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre führt zu veränderten Niederschlägen. Durch Hitze ausgetrocknete Böden können zudem weniger Wasser aufnehmen und begünstigen somit Überflutungen. Besonders deutlich wurden die Gefahren für die Gesundheit und das Leben der Menschen durch die Überschwemmungen im Ahrtal im Sommer 2021. In Deutschland starben bei dieser Flutkatastrophe, von der weitere Regionen betroffen waren, 180 Menschen. Viele wurden verletzt oder erlitten posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen oder andere psychische Erkrankungen. Häuser und Infrastrukturen wurden beschädigt. Auch die Trinkwasser- und Gesundheitsversorgung war betroffen.

Weitere indirekte Gesundheitseffekte entstehen dadurch, dass der Klimawandel die natürliche Umwelt beeinflusst. Durch ansteigende Temperaturen können sich beispielsweise Mücken, Zecken und andere Krankheitsüberträger (sogenannte Vektoren) in Europa weiter ausbreiten. Dies beeinflusst das Risiko, an bestimmten Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose zu erkranken. Auch Allergien und allergische Atemwegserkrankungen können durch den Klimawandel beeinflusst werden, beispielsweise durch einen saisonal verlängerten Pollenflug.

Klima-Risiken eindämmen, Gesundheit fördern

Um klimabedingte Gesundheitsrisiken für den Menschen einzudämmen, ist eine möglichst schnelle Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Energiewende oder die Wärmewende im Gebäudebereich. Eine klimafreundliche Mobilität bietet darüber hinaus Synergien mit dem Gesundheitsschutz und der Gesundheitsförderung. Die Entschleunigung des Verkehrs hilft dabei, Unfälle zu verhindern oder deren Folgen zu mindern. Steigen mehr Menschen aufs Fahrrad oder gehen sie öfter zu Fuß, fördert dies ihre Bewegung und dient damit zusätzlich ihrer Gesundheit. Hierfür ist es besonders wichtig, attraktive Fuß- und Radwege zu schaffen. Auch im Landwirtschafts- und Ernährungssektor gibt es Potenzial für Klimaschutz. Methan ist ein besonders wirksames Treibhausgas, welches in Deutschland insbesondere durch die Tierhaltung freigesetzt wird. Um die Methanemissionen zu senken, muss die Anzahl der Nutztiere reduziert werden. Dazu ist es notwendig, den Fleischkonsum zu mindern. Das hilft dem Klima und trägt gleichzeitig zu einer gesünderen Ernährung bei.

Da sich die Auswirkungen des Klimawandels bereits zeigen und sich selbst mit entschlossenem Klimaschutz viele Klimawandelfolgen nicht verhindern lassen, bedarf es der Klimaanpassung. Es gibt eine große Bandbreite an Möglichkeiten, den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels proaktiv zu begegnen. Eine bedeutende Rolle kommt der Prävention und Behandlung der oben genannten klimawandelbedingten Gesundheitsstörungen zu. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Verhinderung von Hitzestress und Überflutungen.

Schutz vor Hitze und Stark­regen

Hitzeschutz beginnt in der Stadt. Das Lokalklima im urbanen Raum wird unmittelbar von Faktoren wie der Vegetation, den Bodeneigenschaften sowie der Topografie, der Bebauung und dem Versiegelungsgrad beeinflusst. Einfluss auf das Mikroklima haben zudem Luftbahnen, die als wichtiges Instrument der Klimaregulierung den Luftaustausch ermöglichen. Eine dichte Bebauung, die Verwendung dunkler, wärmespeichernder Baumaterialien, wenige Grünflächen und schlechte Luftzirkulation tragen dazu bei, dass urbane Wärmeinseln entstehen. Dabei ist es besonders problematisch, dass sich städtische Räume tagsüber erwärmen, nachts jedoch kaum abkühlen. Städte sollten Grünflächen, Gewässer und Kaltluftbahnen schaffen beziehungsweise erhalten sowie Straßen, Fassaden und Dächer begrünen. Pflanzen, unversiegelte Böden und Gewässer leisten durch Verdunstung einen wichtigen Beitrag, um die Umgebungsluft abzukühlen. Daneben bietet Stadtnatur den Menschen wichtige Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten. Länder und Kommunen sind gefordert, entsprechend ihrer jeweiligen regionalen Erfordernisse, Hitzeaktionspläne aufzustellen. Diese Pläne umfassen langfristige und akute Interventionsmaßnahmen zum Schutz vor Hitze und haben sich als wirksames Mittel zur Verringerung von gesundheitlichen Folgen erwiesen.

"Länder und Kommunen sind gefordert, Hitzeaktionspläne aufzustellen."

Damit vermehrt auftretende klimatische Extremwetterereignisse wie Starkregen nicht zu Überflutungen führen, müssen ausreichend Versickerungsflächen vorhanden sein. Der Abfluss des Niederschlagswassers auf versiegelten Flächen sorgt insbesondere in Städten dafür, dass sich Wasser an der Oberfläche sammelt und im Extremfall unter anderem Straßen, Gebäude und U-Bahn-Schächte überflutet. Das Konzept der Schwammstadt bezieht sich auf eine städtische Infrastruktur, die Regenwasser absorbiert, speichert, reinigt und wiederverwendet, anstatt es einfach in Kanäle oder Flüsse abzuleiten. Deshalb ist es wichtig, die Bodenversiegelung zu stoppen oder rückgängig zu machen. Regenauffangbecken in der Stadt helfen ebenfalls, Überflutungen zu verhindern. Um Hochwasserkatastrophen vorzubeugen, ist es darüber hinaus notwendig, flächendeckend Risikogebiete zu identifizieren. Für den Hochwasserschutz reicht es aber nicht aus, Deiche höher zu bauen. Vielmehr ist es wichtig, den Flüssen, dort wo es möglich ist, wieder mehr Raum zu geben. Auen sollten wieder mit den Flüssen verbunden und Überflutungsflächen geschaffen werden. Dies dient nicht nur dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern fördert auch den Erhalt der Biodiversität. Nicht zuletzt sind Auen und Feuchtgebiete, wie zum Beispiel Moore, Kohlenstoffsenken und leisten einen Beitrag für den natürlichen Klimaschutz. Die Umsetzung von Gewässerschutzmaßnahmen trägt somit auch zu Klimaschutz und Klimaanpassung bei.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) wird am 19. Juni 2023 ein Sondergutachten zum Thema "Umwelt und Gesundheit" veröffentlichen. In dem Gutachten für die Bundesregierung wird der SRU Maßnahmen vorstellen, die den Schutz der Gesundheit vor den Auswirkungen des Klimawandels verbessern.

Klimaanpassung – Schwerpunkt von "Forschung & Lehre"

Extreme Wetterereignisse prägen immer mehr den Alltag vieler Menschen. Die Folgen des Klimawandels sind in allen Teilen der Welt spürbar. Was ist angesichts dieser Entwicklung zu tun, um Schäden, beispielsweise von zu viel oder zu wenig Wasser, zu begrenzen und abzuwehren? Oder auftretende Hitze zu mildern? Wie können wir uns an die Gefahren anpassen?

Diesen Fragen gehen die Autorinnen und Autoren des Themenschwerpunkts "Klimaanpassung" in der aktuellen Ausgabe von "Forschung & Lehre" nach.

Forschung & Lehre 6/23 – jetzt lesen!