Schwarz-weiß-Aufnahme von US-Präsident John F. Kennedy bei seiner Rede in Berlin am 26. Juni 1963.
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Kennedys Berlinrede
Vor 60 Jahren war Kennedy ein Berliner

Vor 60 Jahren kam US-Präsident John F. Kennedy zu Besuch nach Berlin. Seine berühmte Rede vor dem Schöneberger Rathaus war ein historischer Moment.

24.06.2023

Es ist ein Satz, der Jubel ausgelöst und Geschichte geschrieben hat: "Ich bin ein Berliner." US-Präsident John F. Kennedy wandte sich mit der berühmten Formulierung bei seinem Besuch der geteilten Stadt am 26. Juni vor 60 Jahren an die Menschen in West-Berlin. Für seine Zuhörer war die Rede nicht einmal zwei Jahre nach dem Mauerbau ein wichtiges Signal der Solidarität. Die Begeisterung war riesig, schon als Kennedy im offenen Wagen durch den Westteil der Stadt fuhr und noch mehr, als er anschließend vor dem Schöneberger Rathaus zu Zehntausenden von Menschen sprach.

Der Platz davor trägt heute seinen Namen. Am Samstag (24. Juni) erinnert Berlin dort mit einem Bürgerfest an den Kennedy-Besuch und die berühmte Rede. Vor 60 Jahren standen die Menschen eng gedrängt vor dem Rathaus, damals Sitz des West-Berliner Senats und Tagungsort des Landesparlaments. Einige hatten auf Luftmatratzen dort übernachtet, nur um den US-Präsidenten sehen zu können.

Kennedy kommt 15 Jahre nach dem Start der Luftbrücke

Kennedy kam in weltpolitisch angespannten Zeiten. Genau 15 Jahre zuvor war die Luftbrücke gestartet. Mit Zehntausenden von Flügen hatten vor allem amerikanische Piloten den Westteil Berlins zehn Monate lang unter anderem mit Lebensmitteln und Kohle versorgt, nachdem die Sowjetunion versucht hatte, ihn komplett abzuriegeln.

Bei Kennedys Besuch war West-Berlin längst endgültig zur "Frontstadt" des Kalten Krieges geworden. "Fast zwei Jahre nach dem Mauerbau war hier die bestbewachte Grenze im Eisernen Vorhang", sagt die Berliner Historikerin Jessica Gienow-Hecht. "Viele Menschen in Berlin waren nach dem Bau der Mauer deprimiert, viele hatten die Stadt verlassen", beschreibt die Professorin an der Freien Universität (FU) Berlin die damalige Situation. "Der Besuch dieses charismatischen, jungen Präsidenten hat den Menschen in West-Berlin sehr viel Hoffnung gegeben."

Bei seiner Fahrt durch den Westteil der Stadt stoppte Kennedy sowohl am Brandenburger Tor, das die Ost-Berliner Regierung mit der Flagge der DDR verhängt hatte, als auch am amerikanischen Grenzübergang Checkpoint Charlie.

Das Bild von den sowjetischen und amerikanischen Panzern, die sich dort im Oktober 1961 mitten in Berlin stundenlang direkt gegenüberstanden, hatten viele noch vor Augen. Die Szene symbolisierte geradezu, wie real das Risiko eines Krieges zwischen West und Ost damals war.

Kennedys Berlinrede: Kritik am Kommunismus und an der Mauer

26. Juni 1963: US-Präsident John F. Kennedy spricht vor dem Rathaus in Berlin-Schöneberg eine Botschaft der Hoffnung aus. Die Rede ist wegen des Satzes "Ich bin ein Berliner" berühmt geworden. Sie gilt als eine seiner besten und ist ein bemerkenswerter Teil des Kalten Krieges. picture alliance / ZUMAPRESS.com / Keystone Press Agency

In seiner Rede nahm Kennedy dennoch kein Blatt vor den Mund und kritisierte den Kommunismus mehrfach. Die Berliner Mauer bezeichnete er als "die abscheulichste und stärkste Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems", West-Berlin nannte er eine Insel der Freiheit. Und den Massen vor dem Schöneberger Rathaus rief er zu: "Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: 'Ich bin ein Berliner'."

Kennedy hielt die Rede auf Englisch – den berühmtem Satz sagte er aber auf Deutsch. Die richtige Aussprache hatte er sich erklären lassen und vorher geübt. Anschließend sei er überwältigt gewesen von den Menschen, die ihm zujubelten und so froh gewesen seien, ihn zu sehen, sagt Gienow-Hecht. "Der Berlin-Besuch ist so einer der zeitlosen Momente, wo alles ganz richtig ist, ein Moment, wo ganz klar ist, wer recht hat und wer nicht und wo man sein und wo man stehen möchte und wo nicht." Kennedy sei das bewusst gewesen.

"Er selbst merkte, dass es ein Höhepunkt womöglich seiner gesamten politischen Laufbahn sein würde. Ich denke, damit hat er recht gehabt", so die Historikerin. "Es gibt so Tage in der Geschichte, die sind einmalig. Berlins nächster großer Tag war der 9. November 1989."

Die Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins, die er in seiner Rede erwähnt hat, hat Kennedy nicht mehr erlebt. Er starb bei einem Attentat im November 1963 in Dallas, nicht einmal fünf Monate nach seinem Berlinbesuch. Als Zeichen der Trauer stellten Tausende von Menschen in West-Berlin Kerzen in die Fenster.

Andreas Heimann (dpa)