Kürbisse und Laternen mit Kerzen
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Forschung
Warum Menschen Halloween lieben

Forschende erläutern, warum sich Menschen so gerne gruseln - und was wir an Festen wie Halloween noch schätzen.

31.10.2023

Jedes Jahr am 31. Oktober feiern Menschen Halloween, immer in der Nacht vor Allerheiligen. Das Fest hat eine lange Geschichte, denn schon die Kelten feierten ein ähnliches Fest namens Samhain, bei dem sie sich verkleideten, um böse Geister zu verjagen.

Heutzutage verkleiden sich die Kinder, ziehen um die Häuser und bitten um Süßigkeiten, während Erwachsene Halloween feiern, indem sie zum Beispiel einen Horrorfilm schauen, um sich zu gruseln.

Mit dem Reiz des Grusels beschäftigt sich Jan Michael Rasimus an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Als Leiter des Eye-Tracking-Labors der DHBW erläutert er den neurowissenschaftlichen Hintergrund von Grusel, der auf Angst basiere.

"Angst ist eine Basis-Emotion. Sie versetzt den Körper bei Gefahr blitzschnell in Alarmbereitschaft. In der Evolutionsgeschichte war es oft überlebenswichtig, bei plötzlichen Bedrohungen (zum Beispiel durch den Säbelzahntiger) sofort körperlich zu reagieren, noch bevor eine Situation im Detail erfasst wurde", erläutert Rasimus in einer Pressemitteilung der Hochschule. "Dieses Notfallprogramm ist bis heute tief im Menschen verankert."

Grusel vereint Gefahrenwahrnehmung mit Sicherheitsempfinden

Aus neurowissenschaftlicher Perspektive laufen im Gehirn beim "Gruseln" viele Prozesse ab, so Rasismus. "Der schnelle Weg geht über die Amygdala. Sie ist als Teil des limbischen Systems, einem evolutionsgeschichtlich sehr alten Hirnareal, für die emotionale Bewertung der Situation verantwortlich. Schlägt sie Alarm, erfolgt eine unmittelbare körperliche Reaktion auf bedrohliche Reize." Das Angstzentrum werde aktiv, der Körper produziere Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol. Herzschlag und Atmung würden beschleunigt. 

Es bestehe aber noch ein langsamerer Weg, auf dem Menschen Angst wahrnehmen könnten. "Der langsamere Weg geht über den Kortex, einem viel jüngeren Hirnareal. Er ist unter anderem für die Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen zuständig. Im Austausch mit dem Hippocampus wird das Erlebte mit bereits vorhandenen Erinnerungen abgeglichen. So wird die Gefahrensituation rational bewertet, möglicherweise Entwarnung gegeben und die Emotionen wieder reguliert. Der Botenstoff Endorphin reduziert den Stress und sorgt für angenehme Glücks- und Entspannungsgefühle."

So erkläre sich auch das Gruseln: Es bestehe aus der Ambivalenz zwischen einer vermeintlichen Gefahr bei gleichzeitig empfundener Sicherheit. So werde das Alarmsystem zwar gereizt, erklärt Rasimus, jedoch sei uns bewusst, dass wir die Situation jederzeit unter Kontrolle hätten – zum Beispiel, wenn wir einen gruseligen Film schauen. Dieses Wechselspiel zwischen starker An- und Entspannung werde oft als Hochgefühl empfunden.

"Für viele Menschen ist das eine willkommene Stimulation zum sonst eher monotonen Alltag. In der Psychologie wird dies als 'Angstlust' bezeichnet und erklärt unter anderem auch die große Faszination für True Crime-Formate", erläutert Rasimus.

cle