Esa-Astronaut Matthias Maurer im Europäischen Astronautenzentrum der Europäischen Raumfahrtagentur Esa.
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Raumfahrt
Astronaut Maurer hat den Mond im Blick

Als bisher letzter Deutscher reiste Matthias Maurer ins All. Ein Jahr nach seiner Rückkehr hofft der Astronaut auf den nächsten Flug – zum Mond.

06.05.2023

Ein Jahr nach seiner Rückkehr aus dem All brennt der bisher letzte deutsche Esa-Astronaut im Weltraum auf neue Abenteuer. "Ich bin derzeit einer von sechs europäischen Astronauten, die für die Artemis-Mondmissionen der Nasa zur Verfügung stehen", sagt Dr. Matthias Maurer von der Europäischen Weltraumorganisation Esa. "Es bleibt also spannend." Maurer will zum Mond, aber erst einmal kommt der Mond zu ihm – gewissermaßen. In diesen Wochen beginnt am Europäischen Astronautenzentrum der Esa in Köln der Bau einer speziellen Trainingshalle – inklusive Mondlandschaft.

"Wir wollen die Luna-Trainingshalle 2024 einsatzbereit bekommen, dann werden wir die besten Übungsmöglichkeiten weltweit für Raumfahrer haben", sagt Maurer als einer der Projektleiter im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er gehe davon aus, dass auch Nasa-Astronauten die Halle nutzen werden.

"Wir können dort alles testen von dem Moment an, wo die Kapsel auf der Mondoberfläche landet: aussteigen, mehrere Tage die Oberfläche erkunden, Experimente aufbauen, Probleme beheben, Fahrzeuge bewegen bis zu dem Moment des Rückflugs", erzählt Maurer mit spürbarer Leidenschaft. Und zwar alles unter Bedingungen wie auf dem Erdtrabanten: auf "scharfkantigem Sand" aus der Eifel, der Mondsand entspreche, bei Lichtverhältnissen wie im All und mit einem Seilsystem, das das gefühlte Gewicht auf ein Sechstel reduziere.

"Es geht darum, das Astronautenzentrum in Köln fit zu machen für die Zukunft der Mondexploration. Das ist ein Herzensprojekt von mir", sagt Maurer, seit kurzem stellvertretender Leiter des Zentrums. Vor einem Jahr, am 6. Mai 2022, war der Saarländer nach 177 Tagen auf der Internationalen Raumstation ISS auf die Erde zurückgekehrt.

Artemis-Programm: Warum Menschen zum Mond fliegen sollen

Nun hofft der 53-Jährige auf die Fortsetzung seiner Abenteuer: Er will mit im Artemis-Programm der Nasa zum Mond fliegen. "Artemis 3 wäre natürlich eine tolle Mission, weil zum ersten Mal in diesem Jahrtausend wieder auf dem Mond gelandet wird", sagt er. Ob er ein Ticket zum Mond für Ende der 2020er Jahre bekommt, ist noch offen.

Warum der Mond sein Traum ist? Ein Grund sei, dass man von dort sehr viel über Erde und Sonnensystem lernen könne. Mond und Erde seien ungefähr gleich alt: Beide entstanden vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Die Theorie sei, dass der Mond ein Stück von der Erde sei, der durch eine Kollision eines Mars-großen Objektes mit der Früh-Erde herausgeschleudert worden sei. Der Mond sei seither erstarrt und "noch in dem ursprünglichen Zustand an der Oberfläche".

"Der Mond ist sozusagen ein Geschichtsbuch der Erde", sagt der Saarländer. Daraus könnte man Erkenntnisse gewinnen, wie das System Erde-Mond-Sonne entstanden sei – und natürlich "der ganz großen Frage" nachgehen: "Gibt es noch anderes Leben da draußen?"

"Der Mond ist sozusagen ein Geschichtsbuch der Erde." Matthias Maurer

Auf dem Mond wolle man zudem Technologien für eine spätere Reise zum Mars entwickeln, sagt Maurer. Dazu gehöre die Herstellung von Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken und Energie für Instrumente. "Wenn es auf dem Mond nicht auf Anhieb klappt, sind wir in drei Tagen zu Hause. Vom Mars zurückzufliegen, dauert in der Regel 300 Tage. Bevor wir also Dinge auf dem Mars ausprobieren, wollen wir sie auf dem Mond erforschen und lernen."

Astronaut Maurer teilt seine Faszination für den Weltraum

Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner hofft, dass Maurers Begeisterung ansteckend ist. "Bei Esa-Flügen geht es zwar nicht um das persönliche Abenteuer, aber der Mensch bleibt unverzichtbar als Vermittler von Faszination und Motivation", hatte der ehemalige Esa-Generaldirektor während Maurers Mission gesagt. Ein Mensch könne Schönheit, Zerbrechlichkeit und Zustand der Erde intensiver schildern als etwa eine Raumsonde, meinte der jetzige Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.

An seine Rückkehr vom Außenposten der Menschheit kann sich Maurer genau erinnern. "Die Rückreise durch die Erdatmosphäre war mit Sicherheit das Wildeste an diesem ganzen Abenteuer Weltraum", sagt der Materialwissenschaftler. Von 28.000 Stundenkilometern wurde abgebremst auf unter 30: Man werde in die Sessel gepresst, die Kapsel schwinge. Es zische, man sehe vor den Fenstern Farben und Funken. "Es kam mir vor, als würden wir in den Schlund eines Monsters stürzen."

Über sein Abenteuer auf der Raumstation rund 400 Kilometer über der Erde hat Maurer gerade ein Buch geschrieben. "Es ist fast fertig und soll im Oktober erscheinen", sagt er. Unter dem Titel "Cosmic Kiss" gehe es um die Auswahl zum Astronauten, die Etappen der Ausbildung bis zu hin zum Raumflug. Die Erzählung endet, wie die Mission damals endete: mit der Landung im Wasser vor der US-amerikanischen Küste.

Birgit Reichert und Wolfgang Jung (dpa)