Eine Impfampulle steht auf einem Impfpass, in dem drei Corona-Schutzimpfungen eingetragen sind.
mauritius images / Friedrich Stark / Alamy

Corona-Schutzimpfung
Booster senken Ansteckungsrisiko

Knapp 16 Millionen Menschen in Deutschland haben bislang ihre Corona-Schutzimpfungen auffrischen lassen. Wie gut der Booster wirkt, zeigen neue Daten.

08.12.2021

Eine Booster-Impfung senkt das Risiko, an Covid-19 zu erkranken oder zu sterben, deutlich. Das zeigen zwei israelische Studien im "New England Journal of Medicine". Beide Untersuchungen beziehen sich auf den mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Experten halten das Ergebnis aber für übertragbar auf andere Impfungen.

Ein Team um Dr. Shlomit Yaron von den Clalit Health Services in Tel Aviv verglich die Sterblichkeit von Menschen, die zwei Mal mit dem mRNA-Impfstoff geimpft wurden, mit der von Menschen, die zusätzlich eine Auffrischimpfung bekommen hatten. In die Studie flossen Daten von mehr als einer dreiviertel Million Menschen ein. Sie waren 50 Jahre oder älter und ihre Zweitimpfung lag mindestens fünf Monate zurück. In der Gruppe mit Auffrischimpfung lag das Risiko, an Corona zu sterben, nur bei einem Zehntel im Vergleich zur Gruppe ohne Booster.

Eine andere Gruppe um Professor Ron Milo vom Weizmann Institute of Science in Rehovot konzentrierte sich in ihrer Arbeit auf die Wirksamkeit der Booster-Impfungen in verschiedenen Altersgruppen. Dabei werteten sie Daten von 4,7 Millionen Menschen ab 16 Jahren aus. Verglichen wurden Menschen, die mindestens zwölf Tage zuvor geboostert worden waren, mit Menschen ohne Drittimpfung.

Bei den dreifach Geimpften war die Zahl der bestätigten Infektionen über alle Altersgruppen hinweg in etwa um den Faktor 10 niedriger als bei nur zweifach Geimpften. Schwere Verläufe bei Menschen ab 60 Jahren waren in der Booster-Gruppe um den Faktor 17,9 seltener, Todesfälle gab es um den Faktor 14,7 weniger.

Stand der Booster-Impfungen in Deutschland

In Deutschland wurden bis zum 8. Dezember 15,6 Millionen Auffrischungsimpfungen verabreicht, wie aus dem Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht – das entspricht 18,7 Prozent der Bevölkerung. Rund 12 Millionen dieser Auffrischungsimpfungen wurden laut RKI mit Biontech durchgeführt, etwa drei Millionen mit Moderna.

Sind die Biontech-Ergebnisse aus Israel auch auf andere Impfstoffe übertragbar? Ja, sagt Professor Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Andere Studien hätten bereits zuvor gezeigt, dass man auch andere Grundimmunisierungen – etwa mit Astrazeneca – sehr gut mit einer dritten mRNA-Impfung boostern kann. "Daher kann man diese Erkenntnisse sicherlich übertragen", sagte Watzl der Deutschen Presse-Agentur.

Die Studien aus Israel zeigten, "dass der Booster wieder einen extrem guten Schutz bringt, besonders vor schwerer Erkrankung", sagte Watzl. "Und das über alle Altersgruppen. Also: Jeder profitiert von einem Booster." Die Studien vergleichen nur zweifach Geimpfte mit dreifach Geimpften, wie der Immunologe betont. Interessant fände er auch einen Vergleich mit Ungeimpften, sagt Watzl: "Da würde sich nämlich ein noch viel größerer Unterschied zeigen." Außerdem würde man sehen, "dass auch Personen sechs Monate nach der zweiten Impfung noch einen viel bessern Schutz vor schwerer Erkrankung haben als Ungeimpfte."

Effektivität der Impfungen bei Omikron-Variante

Über den Schutz vor Omikron geben die israelischen Studien keine Auskunft, weil sie einen Zeitraum vor der Entdeckung der neuen Variante betrachten. Allerdings weisen erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen Omikron auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion verschiedener Impfstoffe gegen die neue Variante hin. Die Virologieprofessorin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt veröffentlichte am Mittwoch erste Ergebnisse auf Twitter. Auch die Unternehmen Biontech und Pfizer teilten am Mittwoch mit, dass vorläufigen Ergebnissen zufolge zwei Dosen ihres Impfstoffes nicht ausreichend vor einer Infektion mit der kürzlich entdeckten Variante schützen. Eine Booster-Dosis sei nötig, um den Antikörper-Spiegel zu erhöhen. Bereits am Vortag hatten südafrikanische Experten ähnliche Daten zu einer schwächeren Antikörperantwort vorgelegt. Alle vorgestellten Daten sind bislang nicht von Fachkolleginnen und Fachkollegen begutachtet und nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht.

Ciesek hält die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs für sinnvoll, wie sie auf Twitter schrieb. Biontech/Pfizer teilte mit, dass eine an Omikron angepasste Version des Impfstoffs bereits entwickelt würde und bei Genehmigung durch die Behörden voraussichtlich ab März bereitgestellt werden könnte.

Ciesek merkte bei Twitter an, dass ihre Neutralisationstests im Labor keine Aussage darüber erlaubten, inwieweit Geimpfte bei Ansteckung mit der Omikron-Variante vor einem schweren Verlauf geschützt seien. Bei den Tests wird geschaut, wie viele Antikörper ein Geimpfter im Blut hat, die an die Virusantwort binden und sie damit ausschalten können. Die tatsächliche Immunantwort beruht nicht nur auf Antikörpern, sondern beispielsweise auch auf T-Zellen, auf die Ciesek verwies. Um den wirklichen Schutz von Geimpften zu prüfen, sind klinische Studien mit Tausenden Probanden oder Auswertungen des laufenden Infektionsgeschehens notwendig. Die Impfstoff-Entwickler Pfizer und Biontech gehen davon aus, dass bereits zwei Dosen ihres Impfstoffes vor schweren Erkrankungen schützen. Die T-Zellen, die auf die Impfung hin gebildeten würden, seien von den Mutationen der Omikron-Variante nicht betroffen.

"Die Impfungen sind weniger effektiv, aber nicht nutzlos!", kommentiert Watzl die Ergebnisse. "Aber: Man braucht deutlich höhere Antikörperspiegel, um Omikron noch erfolgreich zu neutralisieren – ungefähr 40-fach mehr." Die dritte Impfdosis ist also notwendig.

zuletzt aktualisiert am 14.12.2021 um 17:55 Uhr, zuerst veröffentlicht am 08.12.2021 23:00 Uhr

dpa/cpy