Darmbakterien
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Molekularbiologie
Erste Lebensmonate entscheidend für Darmgesundheit

Schon früh formt sich der Bakterienpool im Darm. Mäuseversuche deuten an, dass sich dies hauptsächlich bis zur Umstellung auf feste Nahrung vollzieht.

14.08.2018

Verschiedene Experimente aus der Mikrobiologie weisen darauf hin, dass es ein Zeitfenster für die Prägung der Bakteriengemeinschaft im Darm, des sogenannten Mikrobioms gibt. Eine jetzt in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie der Arbeitsgruppe des Exzellenzclusters Entzündungsforschung am Institut für Klinische Molekularbiologie an der Universität Kiel (CAU) grenzt den Zeitraum näher ein.

Das Forscherteam identifizierte einen Rezeptor, der bei Mäusen nur bis 21 Tage nach der Geburt aktiv ist. In dieser Zeit beeinflusse er, welche Bakterien den Darm besiedeln. Dies sei prägend für die lebenslange Zusammensetzung des Mikrobioms.

"Man kann das nicht 1:1 auf die Situation beim Menschen übertragen", grenzt Zweitautor der Studie Dr. Felix Sommer vom Institut für Klinische Molekularbiologie an der CAU ein. "Aber bei der Maus ist das ungefähr der Zeitpunkt, wo die Umstellung von Muttermilch zu fester Nahrung erfolgt. Beim Menschen wäre das entsprechend etwa mit einem halben Jahr."

Veränderter Lebensstil hat kaum Einfluss auf Bakterien im Darm

Die Zusammensetzung und das Gleichgewicht von Darmbakterien haben einen starken Einfluss auf die Gesundheit. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass zum Beispiel chronisch entzündliche Erkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen mit einer veränderten Darmflora zusammenhängen. Doch lasse sich der Darm durch eine Umstellung der Ernährung oder spezielle Behandlungen langfristig nicht wesentlich beeinflussen.

"Das Mikrobiom ist sehr viel stabiler, als man das bei all dem, was tagtäglich darauf einwirkt, erwarten könnte. Selbst nach einer Magen-Darm-Infektion oder einer Antibiotikabehandlung stellt sich nach einiger Zeit das individuelle Mikrobiom wieder ein", betont Autor Professor Philipp Rosenstiel vom Kieler Institut für Klinische Molekularbiologie. "Die Studie zeigt, dass es sehr früh im Leben eine kritische Phase gibt, in der wir bestimmte Bakterien sehen müssen, damit hinterher ein vielfältiges und funktionierendes Mikrobiom im Darm vorzufinden ist."

Das Forschungsteam unter Leitung von Professor Mathias Hornef, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universitätsklinik der RWTH Aachen, untersuchte für ihre Studie Zellen des Darms von jungen und älteren Mäusen nach Rezeptoren, die in der Regel von Geburt an Teil des Immunsystems sind und bakterielle Strukturen erkennen. Vor allem bei der Ausprägung des Rezeptors "TLR5" (Toll-like Rezeptor 5) konnten sie laut eigenen Angaben eine starke Abhängigkeit je nach Alter der Mäuse feststellen. Bei drei Tage alten Tieren wirkte TLR5 demnach wesentlich stärker als bei älteren Tieren.

Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für weitere Experimente. Dabei sollte das Mikrobiom keimfreier junger und alter Mäuse mit dem Mikrobiom anderer Tiere gemischt werden. Dabei zeigte sich laut Studie, dass junge Mäuse mit einem aktiven TLR5-Rezeptor die Bakterienzusammensetzung im Darm umdrehen konnten. Anders sei es bei den erwachsenen Tieren gewesen, die nicht mehr über den Rezeptor verfügten und bei Mäusen, die durch eine genetische Veränderung kein TLR5 bilden konnten. Ihr Mikrobiom habe sich nicht durch die Kreuzung mit dem Mikrobiom der anderen Mäuse verändert.

kas