Krebszelle
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World Cancer Day
Psychische Bewältigung hilft Krebs zu überleben

Der Weltkrebstag soll Krebserkrankungen in das öffentliche Bewusstsein rücken. Die Bedeutung psychologischer Unterstützung steht oft im Hintergrund.

Von Friederike Invernizzi 03.02.2019

Fast 300 Organisationen beteiligen sich am 4. Februar weltweit in 86 Ländern am Weltkrebstag, darunter auch die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Krebshilfe und das deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Der Tag wurde im Jahre 2006 von der Union internationale contre le cancer (UICC), der WHO und anderen Organisationen erstmals geplant und ausgerichtet.

Die Zahl der Krebsdiagnosen steigt weltweit immer weiter an. Jede sechste Frau und jeder fünfte Mann erhält laut Prognosen der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) von 2018 im Laufe des Lebens eine Krebsdiagnose. Schätzungsweise 9,6 Millionen Menschen starben weltweit laut Bericht im vergangenen Jahr an Krebs.

Lungen-, Darm-, Magen-, Leber- und Brustkrebs verursachten dabei laut IARC die meisten Todesfälle. An Lungenkrebs sterben demnach jährlich weltweit knapp 1,8 Millionen Menschen, an Brustkrebs 627.000.

Über ein Drittel der Krebsneuerkrankungen ist laut Experten auf vermeidbare Risikofaktoren zurückzuführen, so zum Beispiel Ernährungsverhalten, stressige und ungesunde Lebensführung (Rauchen, Alkohol, psychische Belastungen und mangelnde Bewegung) und der Kontakt mit krebsauslösenden Stoffen im Beruf.

Weniger Brustkrebspatientinnen in Deutschland

Die Zahl der Brustkrebspatientinnen ist in Deutschland zurückgegangen. 129.692 Frauen wurden 2017 im Krankenhaus behandelt. Damit ist die Zahl der Behandlungen im Vergleich zum Jahr 2007 um zwölf Prozent zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt zum Weltkrebstag am 4. Februar mitteilte.

81 Prozent der Frauen, die wegen der Diagnose Brustkrebs im Jahr 2017 stationär behandelt wurden, waren 50 Jahre und älter. Jüngere Frauen waren seltener betroffen: Zwei Prozent der behandelten Frauen im Jahr 2017 war jünger als 35 Jahre.

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Neue Offensive zur Erforschung von Krebserkrankungen

Am 29. Januar hat das Bundesforschungsministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und weiteren Partnern aus Wissenschaft, Gesundheitswesen, Politik und Gesellschaft die "Nationale Dekade gegen Krebs" gestartet. Gemeinsam wollen sie dem Krebs "den Kampf ansagen".

Im Laufe des fast 5.000 Jahre andauernden Kampfs gegen unkontrollierbares Zellwachstum, hat es zwar immer wieder Fortschritte in Wissenschaft und Forschung gegeben und das "Allgemeinrezept" beziehungsweise der Durchbruch gegen den Krebs schien zum Greifen nah. Doch zeigt die nationale Offensive bei allem Optimismus und Aktivismus deutlich: Zwar ist Krebs heute besser therapierbar als jemals zuvor, die als tückisch empfundene Krankheit hat in der modernen Gesellschaft aber nichts von ihrem Schrecken eingebüßt.

"Wie auch immer die Geschichte der Wissenschaft weitergeht", schreibt der US-Mediziner Siddharta Mukherjee in seinem 2010 erschienenen Bestseller "Krebs – der König der Krankheiten", "sie wird geprägt sein von Erfindergeist, Anpassungsfähigkeit und Ausdauer. Aber im gleichen Maß wird sie geprägt sein von Hybris, Arroganz und Bevormundung, von Missverständnissen, falschen Hoffnungen und Medienrummel um eine Krankheit, von der noch vor dreißig Jahren kühn behauptet wurde, in ein paar Jahren werde sie "heilbar" sein." In dasselbe Horn bläst auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der verlauten ließ, dass Krebs in zehn bis 20 Jahren heilbar sei.

Krebserkrankung kann Traumata verursachen

Die Frage, ob irgendwann in der Zukunft ein Ende des Krebses vorstellbar ist oder, ob es irgendwann möglich sein wird, den Krebs aus unseren Körpern und aus der Gesellschaft zu verbannen, wird auch am diesjährigen Tag des Krebses mit der Präsentation neuester und revolutionärer Forschungsergebnisse kaum beantwortet werden.

Neben der weiteren Erforschung biologischer Ursachen und dem Vorantreiben neuer medizinischer Therapien sollte aber auf jeden Fall nicht vergessen werden, wie wichtig für Betroffene und deren Angehörige die angemessene und ausreichende psychosoziale Unterstützung ist. Wie und mit wem kann ich über meine Krankheit reden? Wo kann ich mich am besten informieren? Wer hilft mir bei der Bewältigung meiner Gefühle der Wut, der Scham und der Trauer?

Bis zu 40 Prozent der Krebserkrankten in Deutschland werden laut der Studie "Psychological Stress and Coping Resources during Primary Systemic Therapy for Breast Cancer" durch die Diagnose einer Krebserkrankung und den daraus folgenden Therapien, denen sie sich unterziehen müssen, traumatisiert. Sie haben mit massiven psychischen Problemen zu kämpfen, ziehen sich aus ihrem bisherigen Leben zurück, fühlen sich isoliert und aus der Bahn geworfen.

Neueste Forschungsergebnisse aus der Psychoonkologie weisen nach, dass jenseits des Kampfs um wirksame Vorbeugung und Therapien die Rolle psychologischer Beratung und Unterstützung bereits Erkrankter bislang unterschätzt wurde.

In der Unterstützung des Bewältigungsverhaltens und bei der Suche nach Strategien im Umgang mit Krebs zeigen Forscher, dass sich die Lebensqualität während und nach einer Krebserkrankung durch psychologische Interventionen massiv verbesserte und die Überlebenszeit sich verlängerte.

2017 wies beispielsweise Volker Tschuschke von der Universität Köln gemeinsam mit anderen Forschern nach, dass sich bei Brustkrebspatientinnen mit angemessenen Bewältigungsstrategien ("Coping") die Gefahr einer Wiedererkrankung reduzierte.

Durch psychologische Interventionen können diese Copingstrategien und ein "Fighting spirit" erlernt und eingeübt werden. So haben Gefühle der Hoffnungslosigkeit, der Isoliertheit, der Verzweiflung und der Depression weniger Chancen, die Abwehrkräfte der Krebserkrankten zu schwächen und die Heilung zu verhindern oder die Überlebenszeit zu reduzieren.

Die Verbesserung psychosozialer Unterstützung von Krebserkrankten und deren Angehörigen ist daher ein absolutes Muss in der anbrechenden Dekade gegen den Krebs und bedarf ebensolcher finanzieller Unterstützung wie die Entwicklung neuer Technologien und medizinischer Therapien.