Auf einer Bundespressekonferenz wurden die ersten Ergebnisse des neuen "Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors" (NaDiRa) vorgestellt.
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Rassismusmonitor
Rassismus in Deutschland weit verbreitet

Forschende haben die Bevölkerung nach ihren Erfahrungen mit Rassismus befragt. Fast jeder Zweite gab persönliche Beobachtungen an.

05.05.2022

Rund 45 Prozent der Menschen in Deutschland haben schon einmal rassistische Vorfälle beobachtet. Mehr als ein Fünftel der Bevölkerung (etwa 22 Prozent) gibt an, selbst schon von Rassismus betroffen gewesen zu sein. Das geht aus der Auftaktstudie zu einem neuen "Rassismusmonitor" hervor, den die Bundesfamilienministerin Lisa Paus am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat und in den nächsten Jahren fortgeschrieben werden soll. Unabhängig vom eigenen Erleben stimmen 90 Prozent der Menschen hierzulande der Aussage "Es gibt Rassismus in Deutschland" zu.

Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) hat für die Studie von April bis August 2021 bundesweit 5.003 Menschen ab 14 Jahren per Telefon befragt. Dabei berichteten junge Menschen häufiger von direkten Rassismuserfahrungen als Ältere. Das mag mit einem geschärften Problembewusstsein bei den Jüngeren, womöglich aber auch mit mehr Kontakten junger Betroffener zu Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft zusammenhängen.

Die Forschenden hatten neben der repräsentativen Befragung der Bevölkerung auch gezielt Angehörige von sechs "rassifizierten Minderheiten" in den Blick genommen: Schwarze Menschen, Muslime, Asiaten, Sinti und Roma, Juden und Osteuropäer. Die Befragten konnten sich dabei sowohl selbst einer dieser Gruppen zuordnen als auch angeben, ob sie von Außenstehenden einer dieser Gruppen zugeordnet werden. Von ihnen gaben insgesamt 58 Prozent an, schon einmal selbst Rassismus ausgesetzt gewesen zu sein, wobei der Wert bei den Angehörigen der sechs Minderheiten in der Altersgruppe zwischen 14 und 24 Jahren bei rund 73 Prozent lag, bei den über 65-Jährigen dagegen mit rund 24 Prozent deutlich niedriger.

Zugeschriebene Eigenschaften bei Rassismus

Dass bestimmte ethnische Gruppen, beziehungsweise Völker intelligenter als andere sind, glauben laut Studie zwar lediglich neun Prozent der Bevölkerung. Der Aussage, dass gewisse ethnische Gruppen oder Völker "von Natur aus fleißiger sind als andere", stimmte allerdings rund ein Drittel der Befragten zu.

"Rassismus" wird in der Studie definiert als eine Ideologie sowie als eine diskursive und soziale Praxis, in der Menschen aufgrund von äußerlichen Merkmalen in verschiedene Gruppen eingeteilt werden, denen per "Abstammung" verallgemeinerte, unveränderliche Eigenschaften zugeschrieben werden.

Die Forschenden kommen zu dem Schluss, Rassismuskritik werde oft dadurch abgewehrt, dass Betroffenen eine Hypersensitivität unterstellt werde. Den Angaben zufolge ist ein Drittel der Bevölkerung der Auffassung, dass Menschen, die sich über Rassismus beschweren, "häufig zu empfindlich" seien. Knapp 12 Prozent der Befragten stimmten dieser Aussage voll und ganz zu, rund 22 Prozent stimmten ihr eher zu.

dpa/ckr