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Hochschul-Barometer
Stimmung an deutschen Hochschulen so schlecht wie nie

Fachkräftemangel, schwindende Wettbewerbsfähigkeit und Energiekrise sorgen dafür, dass sich die Stimmung der Hochschulleitungen weiter verschlechtert.

13.12.2023

Deutsche Hochschulen wollen einen Beitrag zur Reduzierung des zunehmenden Fachkräftemangels leisten, davon sind über 99 Prozent der Hochschulleitungen überzeugt. Das ergab das diesjährige Hochschul-Barometer. Ein weiteres Ergebnis: Den Hochschulen selbst mangelt es an Fachkräften. Staatliche Universitäten glauben nicht, dass der Praxisbezug des Studiums dabei eine große Rolle spielt, anders andere Befragte. Einigkeit besteht aber darüber, dass die Politik die Hochschulen nicht ausreichend unterstütze beim Finden von Fachkräften. Über 80 Prozent geben dies bei der Befragung an. Die jährlich vom Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung durchgeführt wird und als Stimmungsbarometer dienen soll seit 2011.

Insgesamt wird die Stimmung an den Hochschulen von deren Leitungen mit 22 Punkten bewertet. Das sind 7,5 Punkte weniger als im Vorjahr, der Wert liegt aber immerhin noch im Plusbereich. Bewertet werden konnte auf einer Skala von -100 bis +100. Vor allem die kleinen und mittleren Hochschulen sind unzufrieden. Gründe dafür sind die allgemeinen Preissteigerungen, vor allem die Energiekosten. Jede zehnte Hochschule gab im Winter 2022/23 an, bei gleichbleibenden Energiekosten um den Weiterbetrieb zu fürchten. Deswegen planen nahezu alle Einrichtungen die Verbesserung ihres Energiemanagements. Staatliche Hochschulen wollen Kostensteigerungen vor allem über Einsparungen in der Infrastruktur bei Forschung, Lehre und weiteren Angeboten erreichen.

Hinzu kommt die gesunkene Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit. Diese sinkt drastisch: Statt drei Viertel im vergangenen Jahr finden nun nur noch die Hälfte der Hochschulleitungen, dass Deutschland als Hochschulstandort im internationalen Vergleich gut aufgestellt sei. Dabei wäre das bei den aktuellen Themen wie Klimawandel, Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) gerade besonders wichtig. Mehr als die Hälfte der Hochschulleitungen beurteilt die Kompetenzvermittlung im Vergleich zur Forschung als zu gering. Dies ist gerade in den MINT-Fächern der Fall, obwohl fast alle Hochschulen (95 Prozent) schon mit Schulen kooperieren. Nur die Hälfte der Hochschulen nutze die Chance, die interdisziplinäre Lehre auszubauen und die MINT-Fächer dadurch attraktiver zu gestalten für neue Zielgruppen.

Düstere Aussichten trotz Zukunftsvertrag und Teilen von Daten

Außerdem bereitet den Hochschulen die eigene Personalsituation große Sorgen. Nur jede fünfte Hochschule schätzt diese als (eher) gut ein. 2020 war es noch jede dritte. Es werde immer schwieriger, Fachkräfte für den wissenschaftlichen Bereich oder die Verwaltung zu finden, so die Mehrheit der deutschen Hochschulleitungen. Das liege auch daran, dass sie befürchten, dass ihr Job an den Universitäten nicht sicher ist. Deswegen fordern immer mehr, wie auch Professor Walter Rosenthal, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, in einem Interview von Forschung & Lehre, den individuellen Karrieren besser gerecht zu werden. Dies könne gelingen durch Entfristung an einigen Stellen und bessere, sowie klarere Kommunikation und Beratungsangeboten über Karrieren außerhalb der Hochschule.

Auch an anderer Stelle gibt es Vorschläge, wie es in Zukunft weitergehen soll. Da die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossen hat die nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) auszubauen, hat das Hochschul-Barometer die Hochschulleitungen auch nach den Forschungsdaten befragt. Vier von fünf Leitungen staatlicher Universitäten (80 Prozent) geben an, dass die Hochschule Daten über die NFDI zur Verfügung gestellt hat. Bei staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind es nur etwas mehr als 15 Prozent. Die große Mehrheit der Hochschulleitungen plädiert für ein Teilen von Daten, da sie dabei großes Potenzial in einem verbesserten Zugang zu Forschungsdaten aus der Wirtschaft sieht.

Und wie sieht schätzen die Hochschulleitungen die Dynamisierung des Zukunftsvertrages "Studium und Lehre" sowie zur Ausweitung der Exzellenzstrategie ein? Bei letztem gehen die Meinungen auseinander. Nur die Hälfte findet sie relevant. Bei den bereits geförderten Universitäten ist die Erwartung um 16 Prozentpunkte höher als bei den nicht geförderten Hochschulen. Größere Begeisterung herrscht beim Zukunftsvertrag, denn die Mehrheit spricht sich für eine Dynamisierung aus und erhofft sich davon langfristige Relevanz für das Hochschulsystem sowie Vorteile in der eigenen Profilbildung, so das Hochschul-Barometer. Es zeigt allerdings auch, dass die deutschen Hochschulleitungen nicht gerade positiv in die Zukunft blicken. Insbesondere staatliche Hochschulen haben düstere Zukunftserwartungen.

kfi