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Hamburg
Wirbel um "Studie" zu Corona-Ursprung

Ein Physikprofessor der Uni Hamburg hält einen Laborunfall für die Ursache der Corona-Pandemie. Seine These stützt er mit fragwürdigen Quellen.

19.02.2021

Der Hamburger Nanowissenschaftler Professor Roland Wiesendanger hat mit einem veröffentlichten Papier Zweifel am wahrscheinlichen Ursprung des Corona-Virus geäußert. Seine "Studie", die einen Laborunfall als Ursprung belegen soll, stieß auf breite Kritik. "Wissenschaftsfreiheit ist ein unverrückbares Gut. Gleichwohl gilt für alle Form wissenschaftlicher Forschung, dass bei unklarer oder unsicherer Datenlage Zurückhaltung in der Bewertung angebracht ist", sagte ein Sprecher der Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Freitag.

Das Papier trägt den Briefkopf der Universität Hamburg, stellt aber keine empirische Studie dar und ist nicht von Fachkollegen geprüft worden. Der Physiker kommt darin zum Ergebnis, dass sowohl die "Zahl als auch die Qualität der Indizien" für einen Laborunfall am virologischen Institut der Stadt Wuhan als Ursache der Pandemie sprechen. Seine Quellen sind dabei teils bereits bekannte seriöse wissenschaftliche Artikel, teils Youtube-Videos, Tweets und verschwörungstheoretische Webseiten. Er habe "wissenschaftliche Literatur ohne wissenschaftliche Begutachtung, Briefe, Korrespondenz und Kommentare publiziert in der wissenschaftlichen Literatur sowie Artikel in Print- und Online-Medien" genutzt, schreibt Wiesendanger selbst. Einige seiner Thesen beruhen auf einem Mangel an Beweisen oder nicht nachweislich kausalen Zusammenhängen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien, die seiner These widersprechen, nennt er nicht.

Fegebanks Sprecher sagte: "Ein Team der Weltgesundheitsorganisation hat erst vor wenigen Tagen einen umfangreichen Bericht zum Ausbruchsgeschehen in Wuhan vorgelegt und kommt zu anderen möglichen Szenarien." Am wahrscheinlichsten ist demnach eine Zoonose, wobei das Virus von Fledermäusen über einen Zwischenwirt auf den Menschen übergegangen ist. Wann der endgültige Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den Untersuchungen einer internationalen Expertengruppe zum Virus-Ursprung in China vorgelegt wird, stand am Freitag nach wie vor nicht fest.

Die Universität, die Wiesendangers "Studie" per Pressemitteilung mit dem Verweis auf "keine hochwissenschaftlichen Beweise" angekündigt hatte, wollte diese anschließend nicht kommentieren. "Die Hochschulleitung und die Pressestelle der Universität Hamburg üben keine Zensur zu Forschungsgegenständen und -ergebnissen ihrer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus", sagte eine Sprecherin. Dem Fernsehsender "ZDF" gegenüber hatte Wiesendanger gesagt, die Veröffentlichung sei gemeinsam mit Uni-Präsident Professor Dieter Lenzen geplant gewesen.

ckr/dpa