In der Sportmedizin sind Frauen unterrepräsentiert: Symbolbild mit laufender Frau und laufendem Mann.
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Bewegungsmedizin
Wissenslücken durch Unter-Repräsentation von Frauen

Die Sport- und Bewegungsmedizin ist ein männlich dominiertes Feld. Dies hat negative Folgen für Frauen. Internationale Forschende fordern Abhilfe.

11.05.2023

Weniger als 25 Prozent der Erst- und Letztautoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen in der Sportmedizin sind weiblich. Nicht einmal 20 Prozent der professionellen US-amerikansichen Sportteams und der Teams der obersten Klasse des dortigen Collegesports haben Mannschaftsärztinnen. Zudem werden weniger als 25 Prozent der Führungspositionen der sportwissenschaftlichen Fachzeitschriften von Frauen ausgefüllt. Dies betont die britische Fachzeitschrift "BMJ Open Sport & Exercise Medicine" in einem Editorial, für das internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Repräsentation von Frauen in der Sport- und Bewegungsmedizin nachgegangen sind. Ihr Artikel wurde am Dienstag veröffentlicht.

Frauen sind in der Sport- und Bewegungsmedizin in vielen Bereichen deutlich unterrepräsentiert, so fasst es Letztautor Professor Daniel Belavy von der Hochschule für Gesundheit in Bochum zusammen. Laut Mitteilung der Hochschule von Mittwoch sind die Versuchspersonen in Studien des Fachbereichs meist männlich, an Krankenhäusern arbeiteten in der Sport- und Bewegungsmedizin hauptsächlich Ärzte und die Wissenschaft sei auch von Männern dominiert. Dies führe zu rein männlich besetzten Podiumsdiskussionen und ausschließlich männlichen Keynote-Speakern auf Konferenzen. "Frauen erfahren in der Branche oftmals mangelnden Respekt", so Belavy. Ihr Urteilsvermögen als Sportmedizinerinnen werde in Frage gestellt, sie seien teilweise auch Ziel sexueller Belästigung. Ärztinnen ständen unter höherem Stress und hätten im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen höhere Selbstmordraten, so das Editorial unter Verweis auf vorausgegangene Studien.

Diese ungleiche Repräsentation der Geschlechter schade dem wissenschaftlichen Fortschritt und sorge dafür, dass sich Wissenslücken hielten. Zu diesen gehören mangelnde Erkenntnisse über die sportliche Leistung von Frauen, ihr Herzkreislaufsystem, ihre muskuloskelettale Gesundheit und ihre Physiologie nach einer Geburt. Separate Analysen seien notwendig, um unterschiedlichen kausalen Zusammenhängen bei Verletzungen oder Gesundheitsproblemen von Männern und Frauen Rechnung zu tragen.   

Um einem zahlenmäßigen Geschlechtergleichgewicht in der Sportwissenschaft nahezukommen, empfehlen die Autorinnen und Autoren mehr Bewusstsein für das Problem und Mentoring-Maßnahmen. Frauen müssten in der Disziplin besser integriert und gefördert werden, auch bei Einstellungen und in allen Bereichen der Forschung und Publikationen. Es sollten zudem anonyme Meldeplattformen eingerichtet werden, bei denen Belästigungen, Diskriminierungserfahrungen und Mobbing angezeigt und in der Folge unterbunden werden könnten.

cpy