Wissenschaftlerin arbeitet am Mikroskop
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Weltfrauentag am 8. März
Geschlechter-Parität erst in etwa 50 Jahren erwartbar

Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen unterrepräsentiert sind. Obwohl sich die Lage verbessert hat.

07.03.2023

Die Anteile von Männern und Frauen in den verschiedenen Stufen der akademischen Laufbahn entwickeln sich unterschiedlich und bilden eine Schere: Zwischen Studienbeginn und Studienabschluss bleiben die Frauen- und Männeranteile noch gleich. Vor allem nach der Promotion tut sich ein Unterschied auf: Ab diesem Punkt gehen Frauen der wissenschaftlichen Arbeit an Hochschulen verloren, zeigen Daten des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) am GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften.

Aktuell besetzen Frauen 38 Prozent der neu berufenen Professuren an Universitäten, Fachhochschulen und künstlerischen Hochschulen. Ein steigender Trend ist gegenüber früheren Jahren deutlich erkennbar, wie aus einer Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamts und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz durch CEWS aus dem Jahr 2022 hervorgeht. Insgesamt habe sich der Frauenanteil an Professuren seit 1990 mit dem Beginn gleichstellungspolitischer Aktivitäten an den Hochschulen mehr als vervierfacht. 2021 hatten Frauen 27,2 Prozent aller Professuren inne.

Bemühungen um Gleichstellung an den Hochschulen

Die Politik sei seit den Nullerjahren aufgewacht und habe Druck auf wissenschaftliche Institutionen ausgeübt, sagte Professorin Ulrike Frevert vom Max-Planck Institut für Bildungsforschung in einem am Montag auf der Nachrichtenseite "Spiegel Online" veröffentlichten Interview. "Auch die DFG ist aktiv geworden und hat die feministischen Forderungen aufgegriffen, die seit den Siebzigerjahren im Raum stehen: mehr Professorinnen an die Universitäten und mit ihnen neue Themen und Perspektiven", so Frevert.

Der Anteil der Frauen auf Professuren der höchsten Besoldungsstufe W3 war bei der letzten Erhebung für das Jahr 2021 allerdings mit 23 Prozent deutlich niedriger als auf niedrigeren Besoldungsstufen. Würde sich die lineare Steigerung der letzten 20 Jahre in gleicher Weise fortsetzen, wäre eine Geschlechterparität bei den W3-Professuren erst in 50 Jahren erreicht, bilanziert das CEWS. Laut Frevert sollte das Ziel aber durchaus Parität lauten: " Weil es für die Frauen gut ist – und gut für die Wissenschaft."

Im internationalen Vergleich lag Deutschland mit einem Frauenanteil von 20,5 Prozent bei den Führungspositionen der Wissenschaft im Jahr 2018 deutlich unter dem europaweiten Durchschnitt. Höhere Frauenanteile wiesen etwa Finnland mit 30,3 Prozent und Schweden mit 28,2 Prozent auf, zeigt die "She Figures"-Statistik der Europäischen Kommission 2021.

Frauen in den Hochschulleitungen in Deutschland

Auch die Beteiligung von Frauen an den Hochschulleitungen liefert wichtige Einblicke in die Entscheidungsprozesse von Wissenschaft und Forschung und zeigt, wie es dort um die Gleichstellung steht. 2021 machten Frauen insgesamt knapp 32 Prozent der Positionen innerhalb der Leitungsgremien aus, das heißt, Frauen sind in den allerhöchsten wissenschaftlichen Positionen weiter unterrepräsentiert. Seit 1996 hat dieser Anteil allerdings um mehr als 20 Prozentpunkte zugenommen, offenbart die CEWS-Auswertung. Die Beteiligung variiere in Abhängigkeit von der Position: Bei den Präsidentinnen und Präsidenten machten Frauen im Vergleich zu Kanzlerinnen (36,1 Prozent), Prorektorinnen und Vizepräsidentinnen (33,4 Prozent) mit knapp 26 Prozent den geringsten Anteil aus. Es sei bemerkenswert, dass die Position der Verwaltungsleitung am häufigsten von Frauen gestellt wurde, während die Prorektorate, Vizepräsidentschaft und Präsidentschaft sich größtenteils aus der Gruppe der Professoren und Professorinnen rekrutierten und der Frauenanteil in diesen geringer war.

Zu der hohen Wechselquote nach der Promotion, die Frauen aus der Wissenschaft in andere Berufe bringt, räumte Frevert gegenüber "Spiegel Online" ein, dass sich Frauen natürlich selbstverständlich gegen eine wissenschaftliche Karriere entscheiden dürften. Sie sollten sich allerdings fragen, "warum Männer sich so viel häufiger dafür entscheiden". Offenbar bringe ihnen ihre Arbeit Freude, Freiräume und soziale Anerkennung. "Dass Frauen daran nicht interessiert seien und etwas so Schönes wie Wissenschaft freiwillig links liegen lassen, ist für mich schwer zu verstehen", sagte Frevert

Internationaler Frauentag

Am 8. März wird international der Weltfrauentag gefeiert, den die Vereinten Nationen (UN) 1975 eingeführt haben. Weltweit demonstrieren Frauen an diesem Tag für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Im Jahr 2023 steht der Internationale Frauentag unter dem Motto "DigitALL: Innovation and technology for gender equality" der UN.

cpy