Illustration einer Sprachbarriere: Ein junger Mann weiß nicht, was er auf die Frage einer jungen Britin antworten soll.
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Wissenschaftliche Karriere
Englische Muttersprachler haben es als Forschende leichter

Die wenigsten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen Englisch auf Muttersprachenniveau. Das behindert sie bei ihrer Arbeit.

19.07.2023

Englisch ist die vorherrschende Sprache in der Wissenschaft. Forschende, die sehr gut Englisch sprechen, weil es ihre Muttersprache ist, sind daher in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn im Vorteil. Gegenüber der großen Mehrheit der Nicht-Muttersprachler halten sie zum Beispiel souveräner Vorträge auf Konferenzen und schreiben sicherer Publikationen. Das geht aus einer Studie eines internationalen Forschungsteams um Dr. Tatsuya Amano von der University of Queensland in Australien hervor, die am Dienstag im Fachmagazin "Plos Biology" erschienen ist. Befragt wurden dafür rund 900 Forschende der Umweltwissenschaften aus acht Ländern, die unterschiedlich gut Englisch sprechen.

Die Studie vergleicht beispielsweise, wieviel Zeit die Befragten jeweils brauchen, um Publikationen auf Englisch zu lesen, zu schreiben und zu überarbeiten. Nicht-Muttersprachler brauchen demnach dafür etwa 1,5 Mal bis doppelt so lange wie englische Muttersprachler. Beim Einreichen von Publikationen würden Arbeiten von Nicht-Muttersprachlern außerdem etwa 2,5 Mal häufiger aus sprachlichen Gründen abgelehnt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Manuskripte überarbeitet werden müssten, sei 12,5 Mal so hoch. Professionelle englische Lektoratsdienste würden von Nicht-Muttersprachlern zu selten in Anspruch genommen. Die Forschenden vermuten, dass ihnen dafür oft die finanziellen Mittel fehlen.

Die Studienautorinnen und -autoren untersuchten auch, wer an internationalen Konferenzen teilnimmt. Viele Nicht-Muttersprachler, insbesondere jene am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere, würden nicht an solchen Konferenzen teilnehmen – aus Angst vor der Sprachbarriere. Nicht-Muttersprachler, die einen Vortrag auf Englisch halten, bräuchten für dessen Vorbereitung fast doppelt so lange wie Muttersprachler.

Die Wissenschaft müsse die erheblichen Nachteile für Nicht-Muttersprachler anerkennen und ausräumen, um ihr volles wissenschaftliches Potenzial zu nutzen und die Forschung vielfältiger zu gestalten, heißt es in der Studie. Denkbare Gegenmaßnahmen seien beispielsweise der Einsatz von künstlicher Intelligenz beim Korrekturlesen wissenschaftlicher Arbeiten.

ckr

1 Kommentar

  • Stephan Schröder-Köhne Richtige Beobachtungen, falsche Schlusfolgerungen. Nicht bei jedem Nachteil gibt es eine Bringschuld der weniger Benachteiligten. Englisch lernen muss zugemutet werden können, zumal die Wissenschaftssprache Englisch (vor allem in den Naturwissenschaften) ohnehin nicht viel mit "normalem" Englisch zu tun hat, sondern einem sehr restringierten Code unterworfen ist, der auch von Muttersprachlern erst gelernt werden muss. Weitere falsche Schussfolgerung: KI wird und im Zuge der "Glättung" inhaltlliche Falschaussagen erzeugen, die ein der Sprache unzureichend mächtiger menschlicher Autor nicht einmal bemerken würde. Verantwortungsübergabe an die KI ist keine Lösung.