Die Nobelpreisträgerinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna bei der Preisverleihung des Japan-Preises.
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Wissenschaftspreise
Forscherinnen erhalten seltener Preise als ihre Kollegen

Frauen sind bei der Vergabe von Wissenschaftspreisen unterrepräsentiert, zeigt eine Analyse. Was steckt dahinter?

01.06.2022

Laut einer neuen Analyse aus den Erd- und Umweltwissenschaften und der Kardiologie erhalten Frauen seltener akademische Preise als ihre männlichen Kollegen und mit geringerer Wahrscheinlichkeit, wenn diese nach Männern benannt sind. Von den rund 9.000 erfassten Preisträgerinnen und Preisträgern seien insgesamt rund 15 Prozent Frauen gewesen, jedoch nur knapp zwölf Prozent bei Preisen mit männlichen Namensgebern. Bei Preisen, die nach einer Frau benannt sind, habe der Frauenanteil hingegen 47 Prozent betragen. Bei neutral benannten Preisen oder solchen, die sowohl männliche als auch weibliche Namensgeber haben, liege der Frauenanteil unter den Preisträgern bei 25 beziehungsweise 32 Prozent.

Die Autoren der Studie, die Zellbiologin Dr. Katja Gehmlich und der Ökohydrologe Professor Stefan Krause von der University of Birmingham, haben ihre Erkenntnisse aus den beiden Fachdisziplinen Ende Mai auf der Jahresversammlung der European Geoscience Union (EGU) in Wien vorgestellt. Für ihre Analyse verwendeten sie Veröffentlichungen von Preisen und Auszeichnungen verschiedener Wissenschaftsakademien und internationaler Fachgesellschaften aus den genannten Fachbereichen, darunter die EGU, die Royal Society und die American Association for the Advancement of Science (AAAS). Die Ergebnisse liegen "Forschung & Lehre" vor und sollen den Autoren zufolge zeitnah publiziert werden.

Die meisten Preise in den untersuchten Fächern sind demnach ausschließlich nach Männern benannt (62 Prozent) und nur acht Prozent nach Frauen. Neutrale oder nach beiden Geschlechtern benannte Preise machten zusammen 30 Prozent der erfassten Auszeichnungen aus. Bei den Zahlen sei auch zu bedenken, dass viele nach Frauen benannte Preise erst vor Kurzem eingeführt worden seien und vorwiegend an junge Wissenschaftlerinnen oder für Mentoring vergeben würden.

Veränderte Vergabepraxis für Wissenschaftspreise nötig

Gehmlich und Krause empfehlen angesichts ihrer Befunde eine Diskussion über eine veränderte Benennungs-, Nominierungs- und Vergabepolitik für Wissenschaftspreise, um bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei der Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen zu überwinden. Neben einer generellen Überprüfung der Vergabekritierien von Preisen und deren Benennung sollten auch die Preisgremien in ihrer Wahrnehmung geschult und divers besetzt werden, und mehr Frauen ermutigt werden, sich selbst zu nominieren oder nominieren zu lassen, fügten sie hinzu.

Laut einer früheren Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Northwestern University von 2019 gibt es eine ähnlich diskriminierende Vergabepraxis bei Preisen in den Biowissenschaften. Die Untersuchung hatte gezeigt, dass Frauen im Schnitt weniger Preisgeld erhalten als Männer und öfter für Leistungen in Lehre und Mentoring als in der Forschung ausgezeichnet werden.

Der Frauenanteil unter den Preisträgern großer wissenschaftlicher Auszeichnungen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sukzessive erhöht und das schneller als der parallel gestiegene Anteil an Wissenschaftlerinnen generell. Dennoch besteht nach wie vor eine Lücke zwischen diesen beiden Gruppen, zeigt auch eine 2021 veröffentlichte Analyse. Bis zur Parität ist es demnach noch ein weiter Weg. Zum Anteil der Wissenschaftlerinnen in Geografie und Kardiologie liegen keine Daten vor, es ist jedoch anzunehmen, dass dieser auch in diesen Fachbereichen noch deutlich höher liegt als der Frauenanteil unter den Ausgezeichneten.

ckr