Ein Foto eines Studierenden der Sonderpädagogik in der Ersti-Woche an der Ruhr-Universität Bochum
picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Studie
Studieren mit gesundheitlicher Einschränkung

Eine aktuelle Umfrage des Studierendenwerks belegt, dass Studierende mit Beeinträchtigung mit immer mehr Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

05.12.2023

Das Deutsche Studierendenwerk und das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) haben gerade die aktuelle Studie mit dem Titel "best3" veröffentlicht. Es ist nach "best1" (2011) und "best2" (2017) die dritte bundesweite repräsentative Befragung von Studierenden mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Im Sommer kamen die Studierenden in Deutschland aus drei Lockdown-Semestern zurück an die Unis und "tasteten sich wieder an die Präsenz-Normalität heran", wie es Matthias Anbuhl, Vorsitzender des Deutschen Studierendenwerks, in seinem Statement zur Pressekonferenz von "best3" am vergangenen Montag ausdrückte. Die Coronavirus-Pandemie lag hinter den Studierenden, vor ihnen lagen Krieg, Inflation und Preiskrise.

Anlass zu Sorge: die Mental-Health-Zahlen

Vier Pandemie-Semester, drei davon Lockdown-Semester mit sozialer Isolation, haben laut Anbuhl bei einem Teil der Studierenden "deutliche Spuren hinterlassen". Laut den psychologischen Beratungsstellen der Studierendenwerke, die "förmlich überrannt" würden, seien die psychischen Belastungen der Studierenden gravierender und existenzieller geworden.

Während Studierende vor der Pandemie häufiger wegen klassischer studienbezogener Themen in die psychologische Beratung gekommen seien, reichten die Problemlagen heute "von wirtschaftlichen Existenzängsten bis zu nagenden Zukunftssorgen. Sie haben Ängste, Zweifel, depressive Verstimmungen und häufiger als früher sogar Suizidgedanken." Das Studierendenwerk fordert daher Bund und Länder dazu auf, die personellen Kapazitäten der psychosozialen Beratung und der Inklusions-Beratung an Hochschulen und Studierendenwerken auszubauen.

Keine barrierefreien Studienbedingungen

Ferner zeigt die Studie, dass bauliche, kommunikative, organisatorische und didaktische Barrieren ein chancengleiches Studium in Deutschland nach wie vor verhindern. Bei über 400 Hochschulen sei die Barrierefreiheit noch ein fernes Ziel. Die größte Hürde sei aber nicht baulicher Art, sondern das Leistungspensum mit seinen zeitlichen und formalen Vorgaben: Rund die Hälfte der Studierenden mit gesundheitlicher Einschränkung berichtet über Schwierigkeiten mit Selbstlernphasen und der Prüfungsdichte.

Die Vereinbarkeit von Studium und Beeinträchtigung müsse deutlich verbessert werden, davon würden laut Anbuhl nicht nur Studierende mit Beeinträchtigungen profitieren, sondern auch Studierende mit Kind, Erstakademiker*innen und Studierende, die nebenher arbeiten müssen.

Strukturelle Defizite der Studienfinanzierung

Einer der größten Belastungsfaktoren für Studierende mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen sei die ungesicherte Studienfinanzierung. Sie geben deutlich häufiger als nicht beeinträchtigte Studierende an, dass ihr Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Viele von ihnen sind wegen des Studiums aufs Jobben angewiesen, mehr als ein Fünftel steckt in finanziellen Schwierigkeiten.

Die staatliche Studienfinanzierung berücksichtigt laut der Studie die Belange der Studierenden mit Beeinträchtigungen nicht ausreichend. Zu diesen Belangen gehören eine längere Studiendauer, mehr Studienunterbrechungen, beeinträchtigungsbezogene Zusatzkosten und der Bedarf an Teilzeit-Studienphasen.

Die Inflation, unerschwingliche Wohnungsmieten und die Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln multiplizieren die Probleme. Dazu komme laut Anbuhl Auf ein "schwächelndes BAföG, das immer weniger zum Leben reicht und immer weniger Studierende überhaupt erreicht". Die Studierendenwerk fordert daher auch eine Reform der staatlichen Studienfinanzierung. Das BAföG müsse "zu alter Stärke zurückgeführt werden".

pj