Eine Ärztin im Gespräch mit einer Patientin
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Baden-Württemberg
Südwesten plant Neuerung bei Mediziner-Ausbildung

Baden-Württemberg hat ein Konzept gegen Ärztemangel auf dem Land vorgelegt. Neben einer Quote soll es das Profil "Ländliche Hausarztmedizin" geben.

04.06.2020

Mit einem flexibleren Medizinstudium will die Landesregierung von Baden-Württemberg das Interesse am Arztberuf auf dem Land steigern und die Lücken in der medizinischen Versorgung füllen. 75 von insgesamt 150 neuen Studienplätzen sollen laut Kabinettsentwurf an Studienanfänger in der Humanmedizin vergeben werden, die Interesse an einer Tätigkeit auf dem Land haben und nach dem herkömmlichen Verfahren keinen Studienplatz bekommen hätten. 

Geplant ist zudem das neue Neigungsprofil "Ländliche Hausarztmedizin", für das sich Studierende der Humanmedizin im Laufe des Studiums entscheiden können. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hält das Profil für wichtig, damit sich Studierende während ihres ganzen Studiums für eine Tätigkeit in weniger ärztlich ausgebauten Gebieten entscheiden könnten. Eine reine Quote hatte sie abgelehnt. Diese hält sie für ein "langsames und unsicheres Mittel", um die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern.

In dem neuen Profil können Studierende laut den Plänen der Regierung in jedem Semester spezielle Ausbildungsmodule wählen, die sie auf ihre berufliche Karriere vorbereiten sollen. In den Kursen sollen sie auch mit regionalen Akteurinnen und Akteuren wie Hausärzten, Versorgungszentren, aber auch Bürgermeistern und Landräten zusammengebracht werden. Ziel sei es, die angehenden Ärztinnen und Ärzte früh für eine Region zu interessieren.

Medizin: Interesse an Gemeinschaftspraxen steigt

Auch grundsätzlich müsse sich das Hausarztmodell laut Bauer ändern. "Junge Menschen wollen Zeit verbringen direkt am Patienten, aber auch mit ihrer Familie. Sie wollen hingegen keine Zeit verlieren mit Unternehmensbürokratie und Softwareanpassungen." Dafür brauche es neue Praxismodelle wie Gemeinschaftspraxen. Junge Studierende müssten früh erfahren, dass der Beruf des Arztes in der Region durchaus vereinbar sein könne mit Familie und mit geregelten Arbeitszeiten. Dank digitaler Anbindung könnten sie auch an der Forschung dranbleiben. So bleibe der Kontakt zu Kollegen und Spezialisten in den Kliniken erhalten.

Insgesamt soll es im Studienjahr 2021/22 1.699 Studienplätze geben. Alle fünf medizinischen Fakultäten in Tübingen, Ulm, Freiburg, Heidelberg und Mannheim werden ihre Kapazitäten um 30 Studienanfängerplätze erhöhen. Vorgesehen ist, dass die ersten Studierenden im ersten Quartal des kommenden Jahres für das dann folgende Wintersemester ausgewählt werden.

Nach Schätzungen der Landesregierung haben rund 665.000 Menschen in Baden-Württemberg keinen Hausarzt an ihrem Wohnort. Die Kassenärztliche Vereinigung geht von derzeit mehr als 600 unbesetzten Stellen für Hausärzte aus. Das Alter von Ärztinnen und Ärzten liege im Schnitt bei rund 56 Jahren. 37 Prozent seien 60 Jahre und älter.

kas/dpa