Demonstranten für den Schutz von Whistleblowern während der Luxleaks-Affäre.
dpa

Europäische Union
Besserer Schutz für Whistleblower

Die Europäische Union will Whistleblower künftig besser absichern. Einen Gesetzentwurf stellte die EU-Kommission heute in Brüssel vor.

23.04.2018

"Whisteblower müssen in der EU bei weitem besser geschützt werden, als dies aktuell der Fall ist", sagte der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans am Montagmittag in Brüssel, wo er den Entwurf der Europäischen Kommission für eine entsprechende EU-Richtlinie vorstellte.

Noch immer gingen Whistleblower ein enormes legales und persönliches Risiko ein. Dabei zeigten Skandale wie die Panama Papers oder die Enthüllungen zu Cambridge Analytica, dass Whistleblower eine wichtige Rolle dabei spielen können, Aktivitäten aufzudecken, die dem öffentlichen Interesse schadeten, so Timmermans. Dazu zählten sowohl unrechtmäßige Handlungen als auch jene, die geltendes Recht missbrauchten. "Viele der jüngsten Skandale wären nicht ans Licht gekommen, hätten Hinweisgeber nicht den Mut gehabt, sie zu melden."

Neben Arbeitnehmern zielen die Vorschläge zum Schutz von Whistleblowern der EU-Kommission auch auf Selbstständige, Praktikanten oder Jobsuchende. Sie alle sollen geschützt werden, wenn sie etwa Missstände im Finanz- und Steuerwesen, der nuklearen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder beim Daten-, Verbraucher oder Umweltschutz aufdeckten. Die Anwendungsbereiche sollten dabei laufend überprüft und angepasst werden.

DHV zum Schutz von Whistleblowern

Auch an den Hochschulen wird der Umgang mit Whistleblowern diskutiert. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat sich zuletzt mit einer Resolution positioniert: Whistleblower, die in redlicher Absicht Missstände in der Wissenschaft aufdeckten, verdienten Schutz. Berufliche Nachteile dürften ihnen nicht entstehen, betonte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Professor Dr. Bernhard Kempen, anlässlich des 68. DHV-Tags in Berlin.

Da verständlich sei, dass Hinweisgeberinnen oder Hinweisgeber aus Furcht vor Nachteilen anonym bleiben wollten, müssten Vertrauenspersonen und Einrichtungen, die einen Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten überprüfen, auch anonym geäußerten Beschuldigungen nachgehen, sofern diese hinreichend substantiiert erschienen. Gleichzeitig dürften Whistleblower angesichts der schwerwiegenden, karriereschädigenden Folgen für Beschuldigte nicht leichtfertig und vorschnell einen Verdacht äußern.

"Schutz von Whistleblowern ist Grundlage für funktionierende Demokratie"

Insgesamt ist der Schutz von Whistleblowern in der EU sehr unterschiedlich geregelt. Aktuell haben laut Angaben der EU-Kommission zehn der 28 EU-Mitgliedsländer umfassende Gesetze zum Schutz von Whistleblowern. In den anderen Ländern, zu denen auch Deutschland gehöre, beziehe sich der Schutz nur auf spezifische Bereiche wie Korruption oder er sei gar nicht geregelt.

Timmermans betonte mit Blick auf den Vorschlag einer EU-Richtlinie, dass der Schutz von Whistleblowern allen EU-Bürgern diene. Nicht zuletzt seien diese eine unverzichtbare Informationsquelle für den investigativen Journalismus, ohne den eine Demokratie nicht funktionieren könne. Darüber hinaus betonte Timmermans im Sinne der EU-Kommission und der Wirtschaft, wie wichtig Whistleblower für einen intakten EU-Binnenmarkt seien. 5,8 bis 9,6 Milliarden Euro jährlich entgingen der EU laut Angaben der Europäischen Kommission allein im öffentlichen Auftragswesen, weil EU-Recht gebrochen werde.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen nun über den vorliegenden Gesetzesvorschlag entscheiden. Eine Einigung verspricht sich Kommissar Timmermans noch vor den Europawahlen 2019. Wird die EU-Richtlinie verabschiedet, müssen die EU-Mitgliedstaaten sie jeweils in nationales Recht umsetzen.

kas