Das Foto zeigt den Eingang des chemischen Instituts der Universität Princeton/U.S.A.
picture alliance/Bibliographisches Institut/Prof. Dr. H. Wilhelmy | H. Wilhelmy

USA
Deutsche Studierende dürfen doch bleiben

Die US-Regierung wollte ausländische Studierende ausweisen, wenn die Universitäten nur Online-Lehre anbieten. Nun macht sie einen Rückzieher.

15.07.2020

Die drohende Ausweisung zahlreicher ausländischer Studenten aus den USA ist vom Tisch: Die US-Regierung nimmt eine geplante Visa-Regelung zurück, mit der ausländische Studierende bei der ausschließlichen Belegung von Online-Kursen im Wintersemester zur Ausreise gezwungen werden sollten. Das geht aus dem Protokoll der Anhörung eines Bundesgerichts in Boston hervor, bei der es am Dienstag (Ortszeit) um den Fall ging. Die Einwanderungsbehörde ICE hatte die umstrittene Regelung in der vergangenen Woche angekündigt.

Die Maßnahme zielte auf ausländische Studentinnen und Studenten an US-Universitäten ab, an denen von Herbst an wegen des Coronavirus nur Online-Kurse angeboten werden. Die Studierenden sollten das Land verlassen oder an Hochschulen mit persönlichen Vorlesungen wechseln – letzteres hielten Betroffene vor dem Start des Wintersemesters Anfang September für unrealistisch.

Die Elite-Universitäten Harvard und MIT hatten gegen die Maßnahme geklagt. 180 US-Universitäten sowie 26 Städte und Bezirke schlossen sich der Klage an. Außerdem gingen 17 US-Bundesstaaten sowie der Hauptstadtbezirk Washington juristisch gegen die geplante Regelung vor. Im Protokoll der Anhörung heißt es, die Regierung verwerfe die geplante Maßnahme und kehre zur Regelung vom März zurück. Darin wurde ausländischen Studenten wegen der Pandemie ausdrücklich erlaubt, ausschließlich Online-Kurse zu besuchen.

Geplante Regelung verunsicherte ausländische Studierende

Nach Angaben des Instituts für Internationale Bildung (IIE) studierten im akademischen Jahr 2018/2019 knapp 1,1 Millionen Ausländer in den USA, darunter fast 9.200 Deutsche. Einer Übersicht des "Chronicle for Higher Education" zufolge planen derzeit in den USA neun Prozent der Hochschulen, im Herbst nur Online-Vorlesungen abzuhalten – darunter beispielsweise Harvard.

Die geplante Regelung hatte unter ausländischen Studierenden zu Verunsicherung geführt. Deutsche Studenten hatten die Bundesregierung um Unterstützung gebeten. In einem von knapp 100 derzeitigen, künftigen und früheren deutschen Studenten in den USA unterzeichneten offenen Brief wurde die Bundesregierung gebeten, "den jüngsten Visabestimmungen der US-Regierung entschieden entgegenzutreten".

Der deutsche Harvard-Student Maximilian Klein, der zu den Initiatoren des Briefes gehörte, sagte der dpa am Dienstag: "Studierende aus der ganzen Welt können endlich wieder aufatmen. Das rekordverdächtig schnelle Einknicken der US-Regierung offenbart, wie falsch und ungerecht die Visa-Regelung vom 6. Juli war." Der Erfolg sei auch den Studierenden selbst zu verdanken, die sich in kürzester Zeit an der Seite ihrer Universitäten zur Gegenwehr mobilisiert hätten. "Wir danken explizit auch der Rückendeckung aus der deutschen Politik."

Deutschlands Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) reagierte erfreut auf die Kehrtwende der US-Regierung. "Die jüngste Ankündigung der amerikanischen Behörden zum Status ausländischer Studierender in den USA ist zu begrüßen", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Mittwoch. "Ich hoffe, dass sie damit wieder sicher sein können, in den USA bleiben zu dürfen, auch wenn ihre Universitäten momentan pandemiebedingt nur Online-Kurse anbieten."

Heftige Kritik an der Trump-Regierung

Trump dringt auf eine Öffnung aller Schulen und Universitäten im Herbst. Er hatte die Pläne von Harvard, im Herbst ausschließlich online zu unterrichten, mit den Worten kommentiert: "Ich denke, dass sie es sich leicht machen, und ich denke, sie sollten sich schämen."

Die geplante Regelung hatte Kritik an der Trump-Regierung hervorgerufen. Der Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), Prof. Joybrato Mukherjee, nannte sie "völlig unverständlich". Er betonte: "Die US-Administration setzt damit ihre in jeder Hinsicht schädliche Abschottungs- und Ausgrenzungsagenda fort." Harvards Präsident Lawrence Bacow hatte der Regierung vorgeworfen, Druck auf Universitäten auszuüben, damit sie ihre Hörsäle ohne Rücksicht auf Gesundheitsbedenken wieder öffneten.

Trump hat die Visa- und Einwanderungsregelungen in seiner Amtszeit immer weiter verschärft. Im vergangenen Monat verfügte er die Aussetzung verschiedener Arbeitsvisa. Zugleich weitete er den Stopp legaler Einwanderung bis zum Jahresende aus, was im Wesentlichen Ausländer betrifft, die sich um eine Green Card für den dauerhaften Aufenthalt in den Vereinigten Staaten bemühen. Hintergrund für die Verfügung war die hohe Arbeitslosigkeit infolge der Corona-Pandemie in den USA.

Nach einer Analyse der Bildungsorganisation Nafsa tragen ausländische Studierende rund 41 Milliarden Dollar (36 Milliarden Euro) zum Bruttoinlandsprodukt der USA bei, das insgesamt gut 20 Billionen Dollar umfasst. Sie helfen demnach, fast 460.000 Arbeitsplätze zu sichern.

dpa/gri