Expertenkommission
"Deutschland braucht mehr China-Kompetenz"
Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat der Bundeskanzlerin heute in Berlin ihr neues Jahresgutachten übergeben, wie der Stifterverband mitteilte. Darin fordern sie mehr Kompetenz in der deutschen Wissenschaft im Bezug auf den Wissens- und Technologieaustausch mit China.
Nach Einschätzung der Expertenkommission braucht ein produktiver wissenschaftlicher Austausch mit China Menschen, die mit der chinesischen Sprache und Kultur gut vertraut sind, aber auch die Märkte, institutionellen Rahmenbedingungen und politischen Strukturen dort gut kennen. "Eine solche umfassende China-Kompetenz ist in Deutschland bisher aber kaum anzutreffen", kritisierte Professor Holger Bonin vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn und Mitglied der Expertenkommission.
Mit der wachsenden wissenschaftlichen Bedeutung Chinas sei auch die Anzahl der Wissenschaftskooperationen zwischen Deutschland und China deutlich gestiegen. "Hier stellt sich eine Reihe von Herausforderungen", konstatiert Professorin Katharina Hölzle vom Hasso-Plattner-Institut an der Universität Potsdam und stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission.
Die Auswahl von geeigneten chinesischen Partnerinstitutionen sowie die Gestaltung von Kooperationsverträgen gestalteten sich häufig schwierig. Dazu würden auch mangelnde Sprach- und Rechtskenntnisse sowie kulturelle Unterschiede beitragen. Derzeit gebe es in Deutschland keine zentrale Anlaufstelle, die systematisch Informationen zu Problemen von deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperationen sammelt und auswertet, um Forschende zu informieren und aufzuklären.
Kooperationen zu beiderseitigem Nutzen gestalten
Die Expertenkommission sprach sich in dem Gutachten daher für die Einrichtung einer zentralen Kompetenzstelle aus. Diese solle deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei deutsch-chinesischen Forschungsprojekten beraten und informieren. Zudem sollen Forschung und Lehre, welche zum Verständnis von aktuellen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen in China beitragen, gestärkt werden. Dabei sei auf die Vermittlung von guten Kenntnissen der chinesischen Sprache zu achten. Darüber hinaus sollen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Europa intensiv und kontinuierlich über die Rahmenbedingungen und Perspektiven der Wissenschaftskooperation zwischen Deutschland und China austauschen.
Deutschland habe ein großes Interesse an guten Kooperationsbeziehungen mit dem aufstrebenden Innovationsstandort China, sagte der Vorsitzende der Kommission, Professor Uwe Cantner von der Universität Jena. Es gebe aber Sorgen, dass durch einseitigen Abfluss von wissenschaftlichem und innovations- oder sicherheitsrelevantem Know-how und ungleiche Wettbewerbsbedingungen die wissenschaftliche und wirtschaftliche Leistungskraft Deutschlands geschwächt werden könnten.
Die chinesische Regierung arbeite konsequent daran, "durch eine ausgeprägte staatliche Steuerung die regionale und globale Machtposition des Landes zu stärken", so Cantner. China wolle in den kommenden Jahren die Technologieführerschaft in entscheidenden Zukunftsbranchen erwerben und zum weltweit führenden Innovationsstandort aufsteigen.
Die Expertenkommission legt der Bundesregierung laut Mitteilung jährlich ein wissenschaftliches Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Auf dieser Basis entwickelt die Kommission Vorschläge für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik.
ckr