Das Foto zeigt Professorin Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologen­verbandes.

Standpunkt
Die "alte" Bildungs­partner­schaft reanimieren!

Über die Studierfähigkeit von Abiturienten wird seit langem geklagt. Ist dies berechtigt? Was kann und muss getan werden?

Von Susanne Lin-Klitzing Ausgabe 5/18

"... dass sich unter den jungen Leuten, die die Universität beziehn, ständig eine nicht geringe Anzahl von solchen Subjekten befindet, die nicht allein in den beiden sogenannten gelehrten Sprachen, sondern auch in den übrigen, noch wichtigeren Vorkenntnissen, die sie von der Schule mitbringen sollten, so unwissend sind, dass ihre Unwissenheit bald Mitleid, und bald Widerwillen erregen muss", klagte der Kanzler der Universität Halle gegenüber König Friedrich II.

Um der "Studirwut" im 19. Jahrhundert entgegenzuwirken und stattdessen klar die Fähigkeiten der zukünftigen Studierenden zur Ausgangsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums zu machen, wurde 1788 die Preußische Abiturverordnung als schulische Abschlussprüfung für den Hochschulzugang und 1834 die Maturitätsordnung im Deutschen Bund beschlossen und umgesetzt.

Heute wird die Verordnung zur Gymnasialen Oberstufe (GO) von allen Bildungsministern in der KMK beschlossen. Empirisch belegt ist, dass das allgemeinbildende Abitur den positiv-stärksten aller bisher untersuchten Zusammenhänge mit Studienerfolg aufweist. Sind wir Lehrenden und Forschenden an Universitäten und Gymnasien damit zufrieden? Nein.

Gemeinsame "Passung" fehlt

Es fehlt die gemeinsame Passung von Lei­stungsanforderungen und Leistungsstandards an Gymnasien und Universitäten! Das Gymnasium ist seit seinen Anfängen konstitutiv an den Wissenschaften orientiert. Deutlich ist dies in den Ausführungen des Deutschen Bildungsrates von 1970 geworden. Beide Seiten sollten gemäß seiner Vorstellungen aktiv zusammenarbeiten, damit die Studierfähigkeit auf Seiten der gymnasialen Oberstufen garantiert und der reibungsarme Einstieg in das wissenschaftliche Studium ermöglicht wird.

Es muss neue Vereinbarungen zwischen den aufeinander bezogenen Institutionen darüber geben, was die aufnehmende Institution an Voraussetzungen von ihren zukünftigen Studierenden inhaltlich und formal erwartet: Welche konkreten Leistungsanforderungen und -standards setzen die Fachdisziplinen der Universitäten voraus, welche curricularen Vorgaben haben sie? Auf der anderen Seite: Was bringen die Abiturienten mit, was können sie?

Das Gymnasium und die GO sollen auf ein Studium vorbereiten. Dass dafür zahlreiche Verbesserungen notwendig sind, keine Frage! Davon kann ich viele benennen. Das reicht aber nicht. Bezüglich der Leistungsanforderungen bedarf es einer viel engeren Kooperation. Es geht neu um den konkreten, ergebnisorientierten Dialog zwischen den beiden aufeinander bezogenen Institutionen, zwischen dem Gymnasium und der Universität. Beginnen Sie mit uns die Arbeit an der neuen, alten Bildungspartnerschaft!