Katja Becker
"Die Förderung von Frauen sorgt gerade für Exzellenz!"
Bei der Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hält die Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professorin Katja Becker, weiterhin "viel Geduld und Ausdauer" für nötig: "Selbst wenn wir ab jetzt bis 2025 jede zweite Professur mit einer Frau besetzen würden, würde sich der Frauenanteil in den nächsten fünf Jahren lediglich auf 37 Prozent erhöhen", erklärte die Medizinerin im Interview mit "Forschung & Lehre". Das Gespräch ist in der März-Ausgabe erschienen.
Frauen könnten ihre Karrierechancen in der Wissenschaft dennoch verbessern, wenn sie sich gegenseitig in der Freude an der Wissenschaft unterstützten. "Wenn eine junge Wissenschaftlerin dieses Brennen für die Wissenschaft in sich spürt, dann muss sie gefördert werden", sagte die DFG-Präsidentin. Chancengleichheit sei erst dann erreicht, wenn jemand mit Talent und dem Wunsch, in die Wissenschaft zu gehen, sich dafür frei entscheiden könnte.
Eine Förderpolitik, die Frauen gezielt bevorzugt, widerspricht nach Beckers Ansicht nicht dem Prinzip der Bestenauslese. "Solange Frauen strukturell benachteiligt sind, sorgt die Förderung von Frauen gerade für Exzellenz!" Becker verwies darauf, dass divers zusammengesetzte Arbeitsgruppen Perspektivenvielfalt und damit einen Qualitätsschub für die Forschung bedeuteten. "Wenn Frauen und andere Mitglieder benachteiligter Gruppen unterrepräsentiert sind, dann war offensichtlich eben nicht die Bestenauslese entscheidend, sondern andere Faktoren – und genau dann haben wir ein Problem", sagte sie. Diversität und Frauenförderung sollten daher "zusammen gedacht und bearbeitet werden".
Für die Arbeit in Gremien der akademischen Selbstverwaltung, wie zum Beispiel Berufungskommissionen, sind Wissenschaftlerinnen oft überproportional beansprucht. Eine völlige Freistellung von Wissenschaftlerinnen von diesen Tätigkeiten sei dennoch "nicht zielführend", um Gleichstellungsprozesse voranzubringen, sagte Becker. Die Sichtweise und Expertise der Frauen sei wichtig für die in den Gremien getroffenen Entscheidungen. Aber auch eine unrealistische Paritätsquote sei nicht die beste Wahl.
Das von der DFG initiierte "Kaskadenmodell", um Gleichstellung in der Wissenschaft voranzutreiben, sieht vor, dass sich das Ziel für den Frauenanteil in einer Karrierestufe am Anteil der direkt darunter liegenden Stufe orientiert. Becker nannte das Modell im Gespräch "wissenschafts- und fachspezifisch": "Wenn Sie jetzt zum Beispiel in den Ingenieurwissenschaften eine Quote von 50 Prozent bei den Professuren fordern, dann wäre das unrealistisch."
ckr