Person in einem Schutzanzug spielt Schach mit Viren
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Mathematische Analysen
Forschungs-Organisationen legen Strategie zur Corona-Eindämmung vor

Die außeruniversitären Forschungsorganisationen haben eine Strategie gegen die Corona-Pandemie erarbeitet. Diese erfordert mehr Geduld.

29.04.2020

Die Präsidenten der großen außeruniversitären Forschungsorganisationen in Deutschland – Fraunhofer- Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft und Max-Planck- Gesellschaft – haben in einer gemeinsamen Erklärung eine konkrete Strategie zur Eindämmung der Corona-Pandemie empfohlen. Diese setzt vorerst auf weitere konsequente Kontaktbeschränkungen, gefolgt von gelockerten, aber engmaschig kontrollierten Maßnahmen.

Die beteiligten Forschenden der Organsationen sind sich demnach einig, dass die sinnvollste Strategie aus zwei Phasen bestehen müsse: In der ersten Phase würden die Neuinfektionen durch anhaltende Einschränkungen weiter reduziert, bis eine effektive Kontaktverfolgung einzelner Infektionsketten möglich sei. In der zweiten Phase schließe sich dann eine "adaptive Strategie" an, wobei gelockerte Kontaktbeschränkungen von effektiven Hygienemaßnahmen, ausgebauten Test-Kapazitäten und verstärkter Kontakt-Verfolgung begleitet und beschleunigt würden. Neue Möglichkeiten hin "zu einem normalen gesellschaftlichen Leben" ergäben sich insbesondere durch verfügbare Medikamente, Impfstoffe, neue Tests und eine Tracing-App sowie aus Querschnittsstudien zur Bestimmung der weiterhin unbekannten Dunkelziffer.

Wie lange diese erste Phase noch dauern müsse, hänge von dem Mitwirken der Bevölkerung ab. Alle im März eingeführten Maßnahmen und das angepasste Verhalten der Bevölkerung hätten den Analysen der Forschenden zufolge gemeinsam einen klaren Rückgang der Neuinfektionen bewirkt. Die Reproduktionszahl, die angibt, wie viele weitere Menschen ein Infizierter ansteckt, liege seit Ende März leicht unter dem kritischen Wert von 1. Bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs müsse der Wert dort gehalten werden, sonst breite sich das Virus wieder exponentiell in der Bevölkerung aus. Dafür seien weiterhin konsequente Kontakteinschränkungen erforderlich.

Die aktuelle Situation sei nicht stabil, schon kleine Veränderungen hätten Folgen, zeigten sich in der Reproduktionzahl und in der Zahl der Neuinfizierten allerdings erst mit zwei bis drei Wochen Verzögerung.

Die aktuelle Strategie hat Nachteile

Mit der aktuellen Strategie der vorsichtigen Lockerungen und "kontrollierten Durchseuchung" würde zwar das Gesundheitssystem nicht überlastet, eine "Herdenimmunität" werde damit jedoch erst in einigen Jahren erreicht. "Einschränkende Maßnahmen müssten bei einer solchen Strategie über den gesamten Zeitraum aufrechterhalten werden", heißt es in der Stellungnahme. Diese Strategie sei außerdem hinfällig, sollten Genesene nicht langfristig immun gegen das Virus sein. Zudem sei von einer Durchseuchung der Bevölkerung allgemein abzuraten, sollten sich die Hinweise auf Langzeitfolgen durch Covid-19 bestätigen.

Die Empfehlung der Forschungsorganisationen beruht auf einer gemeinsamen Analyse aus Sicht der theoretischen Epidemiologie. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den vier Organisationen hätten die Ausbreitung des Virus unabhängig voneinander mathematisch analysiert, ihre Ergebnisse zusammengetragen und daraus mögliche Bewältigungsstrategien für die weitere Entwicklung vorgelegt. Trotz unterschiedlicher verwendeter Modelle seien die verschiedenen Teams zu übereinstimmenden Ergebnissen gekommen.

Alle politischen Entscheidungen müssten vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen werden, fordern die Präsidenten der Forschungsorganisationen. Diese gälten unabhängig von weiteren entscheidenden Faktoren, wie der psychologischen und gesundheitlichen Belastung der Bevölkerung oder der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schlagen ausdrücklich keine Einzelmaßnahmen vor, "dies sollte nach gesellschaftlichem Diskurs unter Einbeziehung  aller Aspekte der Politik vorbehalten bleiben", heißt es in der Analyse.

ckr