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Fachgesellschaften
Neue DFG-Regeln sind ein Vorteil für Fachverbände

Das geänderte Verfahren zur Wahl der Fachkollegien stärkt die Position der Fachgesellschaften, findet ein Sprachwissenschaftler aus dem Fachkollegium.

Von Henning Lobin 29.06.2019

Gegen einige der neuen Regelungen in der Wahlordnung für Fachkollegien der DFG haben verschiedene Fachverbände protestiert, und auch die Mitglieder des Deutschen Hochschulverbandes haben sich bei einer Online-Umfrage Anfang 2018 zu 84 Prozent dieser Kritik angeschlossen. "Mit großer Sorge" sprechen etwa die Historiker davon, dass Hochschulen "Nominierungskartelle" bilden könnten, und der Germanistenverband sieht in den Regelungen eine "Schwächung der Bedeutung fachwissenschaftlicher Kompetenz".

Für die Fachkollegienwahl 2019 wurde das Wahlverfahren in zwei wichtigen Punkten geändert: Die Anzahl der Vorschläge, die ein Fachverband oder eine Mitgliedshochschule vornehmen kann, ist limitiert, und bei einer zu großen Anzahl von vorgeschlagenen Kandidierenden entscheidet oberhalb einer bestimmten Nominierungszahl das Los. Fachgesellschaften dürfen dabei doppelt so viele Vorschläge einreichen, wie Sitze für das Fach im Fachkollegium vorgesehen sind, Hochschulen können für das Fach lediglich Vorschläge entsprechend der Anzahl dieser Sitze machen.

Noch bei der letzten Wahl 2015 konnten Hochschulen beliebig viele Vorschläge einreichen. Wurden mehr als dreimal so viele Kandidierende für ein Fach benannt, als für das Fach Sitze im Fachkollegium zur Verfügung stehen, wurden von der DFG diejenigen Kandidierenden ausgewählt, die die meisten Nennungen bei den Vorschlägen auf sich vereinigen konnten. Dies führte in manchen Fächern zu grotesk hohen Zahlen an Nominierungen für einzelne Kandidierende. In der Mathematik beispielsweise war 2015 kaum jemand zu finden, der weniger als 20 Nominierungen von Hochschulen auf sich vereinte.

Dem Wettbewerb um Unterstützerhochschulen ist nun ein Riegel vorgeschoben: Verbleiben in der Gruppe mit sechs oder mehr Nominierungen immer noch mehr Kandidierende, als Sitze im Fach verfügbar sind, entscheidet das Los. Der Überbietungswettbewerb um die Unterstützung von Kandidierenden durch Hochschulen, der wohl vor allem durch das organisatorische Geschick und die Hochschulkontakte einzelner Akteure entschieden wurde, ist nun ersetzt durch das demokratisch besser legitimierbare Instrument der Zufallsauswahl.

Ein weiterer Kritikpunkt, der gegenüber den Änderungen im Wahlverfahren vorgebracht wird, besteht darin, dass die DFG bei der eigentlichen Wahl nicht mehr kenntlich machen will, welche Fachgesellschaften oder Hochschulen einen Kandidaten vorgeschlagen haben. Erscheint diese Information bei der Wahl nicht mehr, meinen manche Fachgesellschaften, dadurch einen Nachteil zu erleiden. Gleiches gilt allerdings auch für die Hochschulen: Eine "patriotische" Wählerin könnte ja ihre Wahlentscheidung, da nicht gebunden an ein Fach, genauso mit den Kandidierenden von der eigenen Hochschule verbinden, um diese im nationalen Wettbewerb zu unterstützen. Auch das ist nun nicht mehr so leicht möglich.

Die neue Regelung dürfte für die Fachverbände trotzdem einen Vorteil darstellen. Aufgrund ihrer Mitgliederdateien haben sie einen wesentlich besseren Zugang zu einer großen Anzahl fachnaher Wählerinnen und Wähler als die Hochschulen. Wenn diese nicht mehr während des Wahlaktes sehen können, welche Kandidierenden ihr Fachverband vorgeschlagen hat, muss dies den Verbandsmitgliedern vor der Wahl vermittelt werden. Die Fachverbände müssen sich also intensiver um ihr "Wahlvolk" kümmern als bisher.

"Die Fachverbände müssen sich intensiver um ihr 'Wahlvolk' kümmern als bisher."

Die Möglichkeit der direkten Ansprache einer großen Zahl fachnaher Wählerinnen und Wähler besitzen die Hochschulen nicht. Zwar kann eine Hochschulleitung vor der Wahl ebenfalls darüber informieren, in welchen Fächern Mitglieder der eigenen Hochschule kandidieren oder welche Kandidierenden anderer Hochschulen man unterstützt, fachnahe Wählerinnen und Wähler erreicht man damit aber nur in sehr viel geringerer Zahl. Und dass es viele Wahlberechtigte an einer Hochschule gibt, die einem solchen Aufruf folgend ihre Stimmen in ganz anderen Fächern platzieren als in dem, dem sie sich zugehörig fühlen, dürfte bezweifelt werden können.

Fachverbände sollten also ihre Mitglieder vor und während der Wahlperiode zur Wahl aufrufen und dabei in professioneller Weise über ihre eigenen Kandidatinnen und Kandidaten informieren. Dies könnte dann nicht nur dazu beitragen, dass auch weiterhin so gut wie ausschließlich Personen in die Fachkollegien gewählt werden, die von Fachverbänden vorgeschlagen wurden, sondern dass diese Wahl auch in informierterer Weise stattfindet als bisher.