Universitätsgebäude in Szeged, Ungarn
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Ungarn
Regierung privatisiert ungarische Universitäten

Die ungarische Regierung gestaltet die Universitäten um. Inzwischen wurde rund die Hälfte privatisiert und einer regierungsnahen Stiftung unterstellt.

01.03.2021

Die ungarische Regierung hat die Umgestaltung der Universitäten im Land vorangetrieben. In den letzten 18 Monaten wurden 12 Universitäten in Ungarn zu Vermögensverwaltungsstiftungen umgewandelt, berichtete die Nachrichtenseite "Balkan Insight" vergangene Woche. Damit sei indirekt die Hälfte der Hochschulen unter die Kontrolle der Fidesz-Partei gestellt worden, die die Stiftungen kontrolliere. Offiziell diene die Umgestaltung der Modernisierung, Verbesserung der Standards und finanziellen Sicherung der Zukunft der ungarischen Universitäten. Gleichzeitig sichere sich die Regierungspartei damit ihre Macht.

Zuletzt hätten die Universitäten von Debrecen, Szeged und Pécs  – die drei größten ungarischen Universitäten außerhalb von Budapest – Ende 2020 ein entsprechendes Angebot der Regierung erhalten. Es sah vor, die Hochschulbildung zu privatisieren und sie von staatlich finanzierten Einrichtungen in private Stiftungen umzuwandeln, die von einem Kuratorium geleitet werden. Die Unis hatten laut Bericht zwei Wochen Zeit, über das Angebot zu entscheiden. Alle drei hätten es schließlich angenommen, jedoch nicht ganz freiwillig, deutet der Bericht an.

Premierminister Viktor Orbán habe den ungarischen Hochschulen Investititonen in Milliardenhöhe aus EU-Geldern versprochen. "Aber dieses Geld kann nur gut verwendet werden, wenn die Universitäten effizienter sind", warnte Orban laut Bericht, um die neue Struktur für die Universitäten zu rechtfertigen. Der Staat werde die Hochschulbildung über die neuen Stiftungen weiterhin finanzieren. "Wir erwarten jedoch mehr Verantwortung von den Institutionen sowie eine höhere Leistung", zitiert der Bericht das ungarische Bildungsministerium.

Schrittweiser Abbau der Hochschulautonomie

Mit der neuen Struktur würde der Betrieb und die internen Finanzen der Universitäten tatsächlich nicht länger durch komplizierte und oft schleppende Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen geregelt, heißt es in dem Bericht. Jedoch würden wichtige Entscheidungen auch nicht mehr vom Rektor oder Senat einer Hochschule getroffen, sondern vom Kuratorium, das die Regierung mit ihren Verbündeten besetze. Kritiker fürcheteten, das Kuratorium werde in die Lehrpläne und die Meinungsfreiheit an den Hochschulen eingreifen.

Nur eine ungarische Universität, die Universität für Theater und Filmkunst in Budapest, habe sich offen den Plänen der Regierung widersetzt. Studierende und Mitarbeiter der Universität seien auf die Straße gegangen, um gegen das zu protestieren, was sie als politisch motivierte Regierungsübernahme betrachteten.

Das Sondermodell der Vermögensverwaltungsstiftung habe die nationalistisch-populistische Regierung von Viktor Orbán 2019 für Einrichtungen aller Art eingeführt. Es schaffe eine neue Art von juristischer Person, ähnlich den privaten Stiftungen oder Treuhandfonds, die in westeuropäischen Ländern verbreitet seien. Sie seien ein Mittel, um die Hochschulautonomie weiter zu senken, heißt es in dem Bericht.

Die Schulbildung in Ungarn sei bereits seit 2011 systematisch unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Gleiches versuche die Regierung mit den Hochschulen. In einem ersten Schritt habe die Fidesz-Partei dafür das Hochschulgesetz geändert und dem Personalministerium das Recht gegeben, die Präsidenten oder Rektoren der Universitäten zu ernennen. Inzwischen wüden die meisten ungarischen Universitäten von regierungstreuen Rektoren regiert. Auch Forschungsmittel und das Budget für die Hochschulbildung seien seit 2012 nach Kriterien der Regierungstreue vergeben worden.

ckr