Robert Koch-Institut
RKI-Protokolle sorgen für Aufregung
Seit Kurzem sind die sogenannten RKI-Protokolle einsehbar, die den Verlauf der Sitzungen am Robert Koch-Institut (RKI) während der Corona-Pandemie dokumentieren. Das umstrittene Onlinemagazin "Multipolar" hatte auf ihre Freigabe geklagt. Es handele sich um mehr als 2.000 Seiten und nahezu jedes Protokoll enthalte Schwärzungen, so "Zeit Online" in einem ersten Überblick. "Multipolar" klage nun darauf, auch die geschwärzten Stellen freizugeben. Wie das RKI in einer Stellungnahme am Montag bekanntgab, sind "Schwärzungen von Namen bei Herausgabe interner Protokolle an die Öffentlichkeit (…) üblich und dienen dem Schutz der Mitarbeitenden".
Für Aufregung sorgte insbesondere eine Passage aus dem Protokoll vom 16. März 2020: "Es soll diese Woche hochskaliert werden. Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald (Schwärzung) ein Signal dafür gibt." Eben diese neue Risikobewertung führte dann in den ersten Lockdown. Aufgrund von Spekulationen, es habe politische Einflussnahme gegeben, sah sich das RKI zu einer Stellungnahme gezwungen: Hinter der geschwärzten Stelle verberge sich tatsächlich ein RKI-Mitarbeitender.
Das RKI weist darauf hin, dass die Protokolle grundsätzlich "immer in ihrem Kontext gesehen und interpretiert werden" müssen. Sie würden nur "die Diskussionen und Entscheidungen im Krisenstab zum jeweiligen Zeitpunkt und Kenntnisstand" abbilden, die entsprechende Datengrundlage finde in den Protokollen aber nicht immer Erwähnung.
Ungeschwärzte Protokolle im Umlauf
Seit dem 23. Juli wird der ungeschwärzte Datensatz von externer Quelle angeboten. "Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden", werde dies vom RKI ausdrücklich missbilligt, hieß es in einer Stellungnahme. Die Datensätze seien weder geprüft noch verifiziert worden. Das Institut plane weiterhin, die verbleibenden Protokolle bis zum Ende der Sitzungen des Krisenstabs im Juli 2023 schnellstmöglich zu veröffentlichen. Auch diese werde man "weitestgehend ohne Schwärzungen zur Verfügung stellen".
Laut Jan-Martin Wiarda geben die geleakten Dokumente wenig Neues preis. "Zugleich sind die Protokolle eindruckvoller Beleg des Blindflugs, den Deutschland sich den größten Teil der Pandemie geleistet hat", stellt er in seinem Blog fest und leitet daraus die "Verpflichtung zum Aufarbeiten" ab - zur Vorbereitung auf zukünftige Pandemien.
Eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung der Corona-Pandemie steht nach wie vor aus. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich im Sommerinterview für einen Bürgerrat aus. Dieses Format ist jedoch umstritten. Auch die Einrichtung einer Enquete-Kommission ist immer wieder im Gespräch.
Dieser Artikel wurde am 29.7. um 10:50 Uhr aktualisiert und am 27.3. erstmals veröffentlicht.
hes