Das Foto zeigt Bundespräsident Steinmeier bei einer Rede vor der Leopoldina
dpa

Wissenschaftsfreiheit
Steinmeier pocht auf Unabhängigkeit der Wissenschaft

Der Bundespräsident kritisiert die Indienstnahme der Wissenschaft durch wirtschaftliche Interessen und fordert dazu auf, ihre Freiheit zu schützen.

15.02.2018

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eindringlich an die Wissenschaft appelliert, Unabhängigkeit zu bewahren. Sie dürfe niemals zur Gefälligkeit mächtiger wirtschaftlicher oder politischer Interessen werden. Jeder einzelne Fall sei Wasser auf die Mühlen der Wissenschaftsfeinde, sagte Steinmeier am Donnerstag in Halle. Zugleich würdigte er die Arbeit der in der Stadt ansässigen Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Durch die jüngsten Fälle von fragwürdigen Studien, die im Zusammenhang mit der Manipulation von Abgaswerten im Automobilsektor stehen, sei nach Ansicht Steinmeiers die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit wissenschaftlicher Experten zum öffentlichen Gesprächsgegenstand geworden. Dies sei vielleicht ein Einzelfall, aber mit großer Tragweite, weil er von allen, die an der Delegitimierung von Wissenschaft interessiert seien, genutzt werde. "Wir leben in einer Zeit, in der die Relevanz der Wissenschaft auch in westlichen Gesellschaften in Zweifel gezogen wird. Der sogenannte 'Kampf gegen das Establishment' wird längst nicht nur gegen Politiker und Medien geführt, sondern er ist auch in der Wissenschaft angekommen. Wenn die Geltung, gar die Notwendigkeit von empirischer Forschung angezweifelt wird, dann heißt das nichts Gutes für die Zukunft einer aufgeklärten Gesellschaft", sagte Steinmeier.

Forschung muss sich immer ethisch verantworten

Einzelfälle wie die strittigen Abgasversuche zeigen nach Überzeugung des Bundespräsidenten, dass sich Forschung immer ethisch zu verantworten habe und dass sie öffentlich sagen können müsse, warum sie notwendig sei und welchem Ziel sie diene. Die  Notwendigkeit und Zielsetzung empirischer Forschung müsse offensiv begründet werden.

Steinmeier unterstrich weiter, dass Freiheit und Verantwortung auch in der Wissenschaft eng miteinander verbunden seien. "Ja, wir brauchen Ethikkommissionen, wir brauchen klare Regeln zur Interessenentflechtung und Transparenz. Aber am Ende ersetzt nichts das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen. Wer als Forscher in unserem Land die Freiheit der Wissenschaft genießt, muss über das reine Erkenntnisinteresse hinaus gesellschaftliche Verantwortung annehmen. Und umgekehrt gilt für die Politik: Wer Verantwortung von der Wissenschaft einfordert, muss zuallererst ihre Freiheit schützen."

dpa/gri