Ein Foto von Aufbewahrungsboxen für Versuchstier eim Tierärztlichen Institut der LMU München
picture alliance/dpa | Sven Hoppe

NDR-Recherche
Verstöße gegen Tierschutz aufgedeckt

Laut NDR haben zahlreiche Forschungseinrichtungen ungenehmigte Tierversuche durchgeführt. Ein Neurobiologe ordnet die Enthüllungen ein.

21.11.2023

Laut einer NDR-Recherche sind in den vergangenen zwei Jahren ungenehmigte Tierversuche in deutschen Forschungseinrichtungen durchgeführt worden. Neun von 16 Bundesländern seien betroffen. 

In vielen deutschen Laboren seien Verstöße dokumentiert worden, von überfüllten Räumen bis zur unzureichenden medizinischen Betreuung nach belastenden Experimenten. Die Mehrheit der Kontrollen sei im Voraus angekündigt worden, trotzdem seien dabei gravierende Verstöße festgestellt worden, so der NDR. Dazu zählte auch die übermäßige Belegung von Tieren, was zu starkem Stress führe.

Die Labore, zum Beispiel an Universitäten, Pharmafirmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, zeigten eine Vielzahl von Verstößen, wie die NDR-Recherche ergab. Diese umfassten das Abweichen von genehmigten Experimentabläufen, überhöhte Anzahl an Tieren für Versuche und die Nutzung nicht-genehmigter Narkoseverfahren.

Fehlen Sanktionsmechanismen?

Die Strafen für diese Verstöße umfassen zum Beispiel Bußgelder von 800 bis 1500 Euro. Das nicht genehmigte Töten von Tieren führt laut NDR zu einem Bußgeld von 750 Euro. Viele Sanktionsverfahren würden außerdem eingestellt, was die Tierschutzorganisationen alarmiere.

Dr. Roman Stilling, wissenschaftlicher Referent für die Initiative "Tierversuche verstehen", äußerte sich im "Morgenecho" des WDR zu den Recherchen. "Wenn gegen Regeln verstoßen wird, ist das ein Problem, und das muss man ganz klar abstellen. Beim Thema Tierversuch müssen wir von allen maximale Verantwortung fordern."

Er weist im WDR darauf hin, dass in der NDR-Recherche "einige Dinge ein bisschen unzulässig vermischt worden" seien. Eine Abweichung von einem genehmigten Tierversuch würde schon durch minimale Veränderungen zustandekommen. Man weiche zum Beispiel schon ab, wenn man einem Tier ein anderes Schmerzmittel gibt als von der Behörde genehmigte, weil das erste Mittel zum Beispiel nicht lieferbar sei. 

Im Interview mit dem WDR weist Stilling auf die wichtige Rolle von Tierversuchen für die Grundlagenforschung hin, um den gesamten lebendigen Mechanismus und zum Beispiel die Entstehung von Krankheiten zu verstehen. Trotzdem: "Der Tierversuch ist immer ultima ratio." Man könne auch mit anderen Methoden den menschlichen Körper besser verstehen, zum Beispiel durch Computertomographie – oder auch durch Simulationen. Der Tierversuch bleibe immer das letzte Mittel.

cle