Ansicht von oben auf Stuhlreihen mit Studierenden in Roben und mit Doktorhut
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Fachhochschulen
Warum das FH-Promotionsrecht ein Irrweg ist

In einigen Ländern können Fachhochschulen ein Promotionsrecht erhalten. Unser Autor zweifelt angesichts unklarer Voraussetzungen an dessen Nutzen.

Von Arne Pautsch 20.08.2020

Mit der jüngsten Novelle des Hochschulgesetzes in Sachsen-Anhalt im Mai 2020 wurde die Möglichkeit geschaffen, den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW)/Fachhochschulen unter bestimmten Voraussetzungen ein originäres Promotionsrecht zu verleihen. Gleiches ist seit 2016 ebenso in Hessen der Fall. Das zuständige Wissenschaftsministerium kann in beiden Ländern den Fachhochschulen ein befristetes und an Bedingungen geknüpftes Promotionsrecht für solche Fachrichtungen einräumen, in denen die jeweilige Hochschule eine ausreichende Forschungsstärke nachgewiesen hat. Auch wenn andere Bundesländer wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen mit der Einführung eines Promotionskollegs für Fachhochschulen ähnliche Ziele verfolgen, bleiben auch aus FH-Perspektive erhebliche Zweifel an dem in Hessen und Sachsen-Anhalt beschrittenen Weg eines originären Promotionsrechts.

Zum Hintergrund: Das BVerfG hatte 2010 grundlegend anerkannt, dass die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG – einschließlich der Freiheit der Forschung – auch für FH-Professoren gilt. Danach ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, das Promotionsrecht auch für andere Hochschulen als die Universitäten vorzusehen. Das ist naheliegend, da weder an Universitäten nur Grundlagenforschung stattfindet (sondern in erheblichem Umfang auch dort "anwendungsbezogen" geforscht wird) noch an Fachhochschulen ausschließlich anwendungsbezogen geforscht wird.

Hieraus allerdings – wie in Hessen und Sachsen-Anhalt – das Erfordernis eines originären FH-Promotionsrechts zu ziehen, erweist sich als wissenschaftspolitischer Irrweg. Ein "Heben" des Forschungspotenzials an Fachhochschulen wird vielmehr nur dann gelingen, wenn die Möglichkeiten der Kooperationsforschung zwischen den Hochschularten ausgebaut werden. Ein einseitiges originäres Promotionsrecht hilft den Fachhochschulen nicht, solange die Forschungsbedingungen dort rudimentären Charakters bleiben. Ungeklärt ist nämlich, wann überhaupt von "forschungsstarken Fachrichtungen" als Bedingung der Verleihung des Promotionsrechts auszugehen ist.

Die Schaffung der "FH-Promotionsrechtsoption" in Hessen und Sachsen-Anhalt hat überdies die erforderlichen strukturellen Anpassungen für die "FH-Forschung" nicht herbeigeführt. Dabei hätte es der Reformgesetzgeber in der Hand gehabt, die erforderliche Augenhöhe mit den Universitäten jedenfalls annähernd herzustellen. Dennoch fehlt es an essentiellen Rahmenbedingungen: Erstens betrifft dies die Möglichkeit, an den Fachhochschulen dauerhaft Forschungsprofessuren einzurichten, auf die auch solche Kandidaten berufbar sind, die die Voraussetzungen für eine Universitätsprofessur erfüllen. Zweitens bleibt es dabei, dass in beiden "Reformländern" das Regellehrdeputat von Fachhochschullehrern mit 18 SWS in der Regel nach wie vor doppelt so hoch wie an Universitäten ist.

Überdies kommt – drittens – den Fachhochschulen weiter eine Rolle zu, die mit dem Status der Universitäten nicht vergleichbar ist. So fehlt es auch an einem nennenswerten akademischen Mittelbau. Denn es ist nach dem Hochschulrecht der Länder nicht Aufgabe der Fachhochschulen, den (eigenen) wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, wozu aber im Kern eine qualifizierte Promotion zählte. Viertens kommt schließlich hinzu, dass die an den Fachhochschulen zum Teil anzutreffende fachliche Zersplitterung (manche Fächer werden etwa nur durch Einzelprofessuren repräsentiert) und die daraus resultierende Schwierigkeit, ein "verliehenes" Promotionsrecht fachlich zu verorten, einem originären Promotionsrecht der Fachhochschulen entgegensteht.