Mitglied des Sondereinsatzkommandos stehen am Gelände der Heidelberger Universität an einem Fahrzeug. In einem Hörsaal hat ein Mann um sich geschossen und mehrere Menschen verletzt.
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Universität Heidelberg
Schüsse im Hörsaal

Polizeieinsatz auf dem Gelände der Universität Heidelberg: Ein Student hat um sich geschossen, drei Menschen verletzt und eine Person getötet.

24.01.2022

Ein Mann hat auf einem Campus der Universität Heidelberg mit einer Schusswaffe vier Menschen verletzt. Er hat am Montagmittag gegen halb eins mit einem Gewehr in einem Hörsaal der medizinischen Fakultät das Feuer eröffnet und ist inzwischen selbst tot, wie der Polizeipräsident des Präsidiums Mannheim, Siegfried Kollmar, bei einer Pressekonferenz am Montagabend in Mannheim berichtete. Eine der vier Personen, eine 23-jährige Frau, ist demnach an ihren schweren Verletzungen gestorben. Der Täter habe ihr in den Kopf geschossen.

Unter Berufung auf die Pressekonferenz berichtet dpa, dass der Täter ein 18-jähriger deutscher Student der Biowissenschaften gewesen sein soll, der in Berlin aufgewachsen ist. Der Mann habe nach ersten Erkenntnissen keine politischen oder religiösen Motive gehabt, man gehe aktuell eher von einer Beziehungstat oder von psychischen Problemen aus. Er habe zwei Langwaffen bei sich getragen, eine Schrotflinte und ein Repetiergewehr. Die Waffen habe sich der junge Mann, der in Mannheim wohnte, im Ausland besorgt, wie Kaufbelege zeigten. Weder er noch seine Angehörigen hätten Waffen besitzen dürfen, daher sei zu klären, wer jemandem ohne Waffenbesitzkarte eine solche verkaufe.

Der Täter habe im Tatverlauf mit dem Schießen aufgehört, obwohl er noch hätte nachladen können und sei aus dem Hörsaal gelaufen. Die Gründe dafür kenne man noch nicht, sagte Kollmar. Das sei spekulativ, es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Person getroffen werden sollte. Der Täter habe sich schließlich selbst erschossen. Er habe den Amoklauf wohl angekündigt. Unmittelbar vor der Tat soll er über den Messengerdienst Whatsapp eine Nachricht an seinen Vater geschickt und geschrieben haben, "dass Leute jetzt bestraft werden müssen", wie dpa berichtete. Der Vater habe sich nur Minuten nach den Notrufen, die bei der Polizei eingingen, ebenfalls mit dieser in Verbindung gesetzt. Polizeipräsident Kollmar kündigte an, dass das Umfeld des 18-Jährigen untersucht werde. Die Ermittler wollen alle Aufenthaltsorte und Gesprächspartner des jungen Mannes der vergangenen Tage überprüfen. Mittlerweile wurde eine Ermittlungsgruppe mit 32 Beamten und dem Namen "Botanik" gegründet. Der Name ist darauf zurückzuführen, dass das betroffene Uni-Gebäude an den botanischen Garten grenzt.

Das Neuenheimer Feld vor den Toren der Heidelberger Altstadt, wo der Amoklauf stattfand, war am Montagnachmittag weiträumig abgesperrt. Die Polizei forderte Autofahrer auf, das Gelände weiträumig zu umfahren, damit Rettungskräfte freie Fahrt haben. Es handelt sich um ein Neubaugebiet, in dem sich unter anderem der Botanische Garten und Teile des Universitätsklinikums befinden.

Die drei verletzten Personen seien am Dienstag nach ihren ambulanten Behandlungen in einer Klinik wieder entlassen worden. Laut der Polizei befinden sie sich auf dem Weg der körperlichen Besserung.

Reaktionen auf den Amoklauf

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) besuchte noch am Nachmittag den Tatort und zeigte sich erschüttert: "Ich bin entsetzt. Es lässt einen sprachlos zurück, wenn unschuldige junge Menschen im Hochschulbetrieb so etwas erleben müssen. Ich bin in Gedanken bei denen, die verletzt wurden und betroffen sind. Ich wünsche mir sehr, dass bald Genesung eintritt." Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zeigte sich ebenfalls tief betroffen und versprach eine schnelle Aufklärung der Tat. "Meine Gedanken sind bei den Familien und ihren Angehörigen. Wir sind an Ihrer Seite."

Auch Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) sprach den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl aus. "Wir waren nicht nur fassungslos, wir können es eigentlich gar nicht glauben, dass so etwas bei uns in Heidelberg passiert." Er und der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl rufen die Betroffenen auf, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Man sei auf 26 Studentinnen und Studenten und auf zwei Angehörige bereits zugegangen, berichtet Strobl am Dienstag. "Die Universität soll und wird ein angstfreier Raum bleiben für junge Menschen."

Die Universität Heidelberg bereitet laut dpa-Bericht eine zentrale Trauerfeier am 31. Januar in der Heidelberger Peterskirche vor. Laut Rektor Professor Bernhard Eitel überlege die Hochschule zudem, wie die Tat intern aufgearbeitet werden kann. Ihn erreichten zahlreiche Bekundungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus ganz Europa, die das Geschehen in Heidelberg verfolgten und Hilfe anböten. Gefühlt handle es sich auch um einen Angriff auf die Offenheit der Hochschulen und die akademische Tradition.

Auch die Studierendenschaft äußerte sich fassungslos. "Wir sind unendlich schockiert. Das ist eine Katastrophe, die sich allem Denkbaren zwischen Vorlesungen, Klausuren und Unileben entzieht", sagte der Vorsitzende Peter Abelmann. Mit einer digitalen Gedenkfeier erinnert die Heidelberger Studierendenvertretung an die getötete Studentin. Es gebe auch zwei Orte des Gedenkens an der Neuen Universität in der Altstadt und am Ort des Geschehens im Neuenheimer Feld, sagte Abelmann am Dienstag. Die Peterskirche war den ganzen Dienstag geöffnet, um einen Ort für Trauer, Stille und Gebet anzubieten. Seelsorger standen vor Ort für Gespräche bereit.

zunächst veröffentlicht am 24.01.2022 um 14:15 Uhr, zuletzt aktualisiert am 25.01.2022 um 18:18 Uhr

cpy/dpa