Server in einem Rechenzentrum auf die ein Gehirn projiziert ist
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Nachhaltigkeit
Forscher sehen Handlungsbedarf bei KI-Energiebilanz

Von der Künstlichen Intelligenz sollen alle profitieren, sogar das Klima. Doch der ökologische Fußabdruck der neuen Technik lässt zu wünschen übrig.

28.10.2023

Der Gebrauch von Künstlicher Intelligenz (KI) soll in Zukunft in vielen Bereichen helfen – so verspricht es der Hype um die neue Technologie – auch beim Klimaschutz. Doch KI-Rechenzentren selbst sind enorme Stromfresser, warnen Forscher. "Werkzeuge der KI verbrauchen viel Strom, und die Tendenz ist steigend", sagt Professor Ralf Herbrich, Geschäftsführer und Leiter des Fachgebiets für Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam. Das Training eines KI-Modells allein sei mit aufwendigen Vorhersageberechnungen ein energieintensiver Prozess. "Dafür laufen mehrere Wochen Prozessoren hunderter Grafikkarten, die jeweils 1.000 Watt benötigen; 1000 Watt – das ist so viel wie ein Backofen verbraucht." Der KI-Experte sagt, dass "Rechenzentren heute vier bis fünf Prozent des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen." Nimmt man die Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphone dazu, sind es acht Prozent.

Das spielt auch für die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen ein wichtige Rolle. Die zweitgrößte technische Universität in Deutschland hat einen Schwerpunkt auf Technik. Ihr Rechenzentrum hat eine durchschnittliche Leistungsaufnahme von etwa 1 Megawatt. Das ist etwa so viel wie der Energieverbrauch von 500 Waschmaschinen oder 8.000 Fernsehgeräte gleichzeitig. Der Anteil der KI war laut Angaben des IT Centers der Hochschule bislang eher klein. Ähnlich ist es an der Technischen Universität (TU) Dresden, auch weil es "keine klare Trennung zwischen KI und anderen wissenschaftlichen Berechnungen gibt", erklärt Professor Wolfgang Nagel, Direktor des Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen (ZIH) Das Zentrum an der TU Dresden möchte die ökologischen Auswirkungen der wissenschaftlichen Berechnungen verbessern. Mit effizienter Kühlung, Abwärme-Nutzung und Energieeffizientem Rechnen. "Zudem untersuchen wir im großen Stil innovative Architekturen, um einen großen Schritt im Kontext Energieeffizienz für KI-Algorithmen zu gehen" so Nagel.

Hoher Energieverbrauch durch KI – Forscher eruieren Lösungen

Auch die RWTH Aachen "bemüht sich schon seit langem mit verschiedenen Aktivitäten, wie Optimierung der Software die Energieeffizienz zu steigern und den Verbrauch dadurch zu senken", sagt der Sprecher der Hochschule. Dafür gab und gibt es Forschungsprojekte und Maßnahmen, wie auch die Kühlung der Systeme. "Trotz dieser Anstrengungen sehen wir aufgrund der stark steigenden Nutzung aber nach wie vor einen steigenden Energiebedarf – vor allem durch KI", erläutert er.

Es gibt Schätzungen, dass der Verbrauch in den nächsten Jahren auf 30 Prozent ansteigen wird

"Es gibt Schätzungen, dass der Verbrauch in den nächsten Jahren auf 30 Prozent ansteigen wird", so KI-Experte Herbrich vom HPI in Potsdam. Dazu trägt laut Datenforscher Alex de Vries von der Freien Universität Amsterdam auch der Strombedarf bei, der jedes Mal benötigt wird, wenn die KI ein Bild oder einen Text erzeugt. Hinzukommen könnte die Google-Suche. Wenn jeder Suchvorgang KI nutze, entspreche das laut de Vries Berechnungen dem jährlichen Stromverbrauchs Irlands. Doch Google selbst sage, dass der Energiebedarf der KI viel langsamer zunehme als Prognosen vorhersagen – auch weil der Konzern erprobte Verfahren einsetze, um den Energieverbrauch für das KI-Training stark zu reduzieren.  

Nicht nur Google, sondern auch andere Technologieunternehmen, sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten daran, den ökologischen Fußabdruck der KI zu verbessern. Die Forschung zielt darauf ab, dass Berechnungen mit weniger Parametern und damit weniger Energieeinsatz gelingen können, während die Vorhersagen nur minimal genauer seien. Es dauere aber Jahre, Lösungen zu entwickeln, sagt Herbrich vom HPI. Sein Institut hat diese Woche eine "clean-IT"-Konferenz ausgerichtet, bei der sich Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Potsdam über Künstliche Intelligenz und den Kampf gegen den Klimawandel ausgetauscht haben. Dabei gab es unterschiedliche Standpunkte zum Thema, auch bezüglich der Einschätzung des Energieverbrauchs von Künstlicher Intelligenz. Einen gemeinsamen Nenner hatten die Anwesenden allerdings: Wir brauchen viel mehr Forschung zur Materie, denn das meiste ist noch schwer prognostizierbar und unklar.

kfi/dpa