Eine Hummel sitzt auf einer blühenden Distel und sammelt Blütenpollen.
picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

Artenschutztag
Für viele Arten ist die Lage ernst

Ohne das Artenschutzabkommen wären manche Tiere und Pflanzen schon ausgerottet. Gefährdet sind nicht nur exotische, sondern auch heimische Arten.

02.03.2023

Angesichts des dramatischen Rückgangs der weltweiten Artenvielfalt verlangen Umweltschützer zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) mehr Einsatz. Laut CITES-Sekretariat sind mehr finanzielle Anreize nötig, damit Anwohner die Arten in ihrer Umgebung schützen. Vor allem Unternehmen, die vom Handel etwa mit Holz, Duftstoffen oder Leder profitierten, sollten stärker zur Kasse gebeten werden, sagte die CITES-Generalsekretärin Ivonne Higuero der Deutschen Presse-Agentur in Genf. Zudem müssten Regierungen Wilderei und Schmuggel konsequenter unterbinden.

Das Abkommen wurde am 3. März 1973 von 80 Staaten unterzeichnet, um bedrohte Tier- und Pflanzenarten vor unkontrolliertem Handel zu schützen. Da das Abkommen nicht in die Souveränität der Unterzeichnerstaaten eingreift, musste es in den einzelnen Ländern ratifiziert werden. Dies geschah zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Nigeria, der Schweiz, Tunesien und Schweden. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die Ratifizierung im Jahr 1976. In den Anhängen des Abkommens sind inzwischen rund 40.000 Tier- und Pflanzenarten gelistet. Der kommerzielle Handel mit Exemplaren aus der Wildnis ist entweder verboten oder nur mit Lizenz möglich, wenn der Artenschutz gewährleistet ist. Die Listen werden stetig ergänzt, im vergangenen Jahr wurden beispielsweise Dutzende Hai- und Rochenarten aufgenommen. Gelistet sind auch Meeresschildkröten, Wale, Nashörner, Orchideen und bestimmte Baumarten. Die 183 CITES-Mitglieder können bei Sorge über die Bestände einer Art ein Handelsverbot verhängen und eine Untersuchung anordnen.

Erfolge und Herausforderungen des Artenschutzabkommens

Als CITES-Erfolg gelten etwa die Maßnahmen zum Schutz der Vikunja, einer südamerikanischen Kamelart, und der Nilkrokodile. Durch Handelsverbote erholten sich die Bestände. Anden-Bewohner verkaufen die Wolle der Vikunjas nun nachhaltig und Nilkrokodile, deren Leder beliebt ist, können teils inzwischen wieder gejagt werden. Dagegen sind Tiger, Nashörner und teils auch Elefanten durch Wilderei weiter sehr bedroht.

Bei der Wilderei-Bekämpfung sieht Higuero die wachsende Zusammenarbeit zwischen Herkunfts-, Transit- und Zielländern als Erfolg. Gerade Deutschland unterstütze viele Länder beim Training von Wildschützern und dem Aufbau von Managementbehörden. Die CITES-Generalsekretärin verlangte schärfere Strafen für Wilderei. Meist würden nur die Handlanger geschnappt, die jagen oder Bäume fällen. Die Fäden hätten andere in der Hand. "Wir müssen die Großen rankriegen", sagte sie.

Bedrohte Arten in Deutschland

Tiere und Pflanzen sind nicht nur in tropischen Wäldern vom Aussterben bedroht ¬– auch in Deutschland sind mehrere Tausend Arten in Gefahr. Die Lage sei ernst, sagt der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Professor Klement Tockner, der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben wenig Zeit, um gegenzusteuern."

Mehr als 71.500 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten gibt es nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz (BfN) in Deutschland. Rund 9.000 von ihnen sind bestandsgefährdet. Bei diesen Angaben handele es sich laut Tockner allerdings nur um bekannte Arten. Etwa ein Drittel der Arten hierzulande sei noch nicht bekannt. "Arten sterben aus, bevor wir sie überhaupt entdeckt haben", sagt der Ökologe. "Einmal verloren, ist immer verloren."

Eine bundesweite Rote Liste des BfN erfasst den Gefährdungsgrad von über 30.000 Arten in Deutschland. Zu den besonders gefährdeten und von Rückgängen betroffenen Arten gehören beispielsweise der Feldhamster, der Kuckuck, der Schweinswal, die Hummel und das Bodensee-Vergissmeinnicht. Für die Hummel wird es einerseits zu warm und andererseits werden ihre Lebensräume zerstört, sie ist daher als stark gefährdet eingestuft. Auch der Lebensraum des Bodensee-Vergissmeinnicht, das nur am Bodensee und am Starnberger See vorkommt, verändert sich stark und wird immer kleiner, etwa durch die Bebauung von Uferbereichen. Der deutsche Artenschutz verzeichnet aber auch Erfolge: Der Seeadler kam in der Bundesrepublik nur noch mit vier Paaren vor, in der DDR waren es etwa 60 Paare. Heute leben nach Angaben des Umweltministeriums 850 Paare in Deutschland.

Die Klimakrise und das weltweite Artensterben sind eng miteinander verwoben. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde ist laut dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage ECMWF seit der Industrialisierung um etwa 1,2 Grad Celsius gestiegen. Ein aktueller Bericht des Weltklimarats geht davon aus, dass sich die Erderhitzung noch drastischer auf Land- und Meeresökosysteme auswirkt als ursprünglich angenommen. Hinzu kommt die menschliche Nutzung der Lebensräume vieler Arten – für viele Tiere und Pflanzen wird es eng.

dpa/cpy