Titel des als "Palandt" bekannten Gesetzeskommentars, der umbenannt wird.
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NS-Aufarbeitung
Juristische Standardwerke werden umbenannt

Juristen mit bekannter NS-Vergangenheit stehen bald nicht mehr als Autoren oder Herausgeber auf Standardwerken. Dies kündigte der Verlag C.H. Beck an.

27.07.2021

Das nach dem NS-Juristen Otto Palandt benannte Justiz-Standardwerk "Palandt" wird umbenannt. Das teilte der Münchner Verlag C.H. Beck am Dienstag mit. "Bereits auf der nächsten, im November 2021 erscheinenden Auflage wird auf dem Umschlag der Name des aktuellen Koordinators der Autorinnen und Autoren, des Richters am Bundesgerichtshof Dr. Christian Grüneberg, genannt werden."

Auch alle anderen Werke des Verlags, bei denen in der NS-Diktatur aktive Juristen als Autoren oder Herausgeber genannt sind, werden andere Namen erhalten. So soll der Loseblattkommentar zum Grundgesetz von Maunz/Dürig künftig den Namen Dürig/Herzog/Scholz tragen und die Gesetzessammlung Schönfelder vom Vorsitzenden der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages Mathias Habersack herausgegeben werden.

Hinter der Umbenennung steht eine gemeinsame Bemühung des Verlags C.H. Beck, des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich und des Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Dr. Ludwig Spaenle (beide CSU). Eisenreich hatte im Frühjahr dieses Jahres eine Studie über Otto Palandt und Heinrich Schönfelder beim Institut für Zeitgeschichte in München in Auftrag gegeben, die die Rolle der Juristen während des nationalsozialistischen Regimes aufarbeiten soll. Theodor Maunz NS-Vergangenheit wurde bereits wissenschaftlich aufgearbeitet.

Palandt und der nach ihm benannte Kommentar

Der "Palandt", vielleicht das prominenteste Beispiel, ist ein Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Otto Palandt selbst hat nicht viel für das Werk geschrieben. Er war ab 1934 Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes und leitete die Abteilung "Ausbildung" im Reichsjustizministerium. Heinrich Schönfelder war seit 1943 Kriegsgerichtsrat bei verschiedenen deutschen Kriegsgerichten in Italien und wurde von Partisanen erschossen.

Bei Palandt ändert der Verlag C.H. Beck sein bisheriges Vorgehen: "Geschichte kann man nicht ungeschehen machen. Deshalb haben wir zunächst die historischen Namen beibehalten", sagt Verleger Hans Dieter Beck. Der Name habe als Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Rechtsgeschichte sichtbar bleiben sollen, ohne ihm damit ein Denkmal zu setzen. Auf diese Problematik sei im Vorwort des Werkes hingewiesen worden. "Um Missverständnisse auszuschließen", wurde nun die Umbenennung entschieden. "In Zeiten zunehmenden Antisemitismus ist es mir ein Anliegen, durch unsere Maßnahmen ein Zeichen zu setzen", so Beck weiter.

"Das ist eine bedeutsame Entscheidung", kommentierte Justizminister Eisenreich. "Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten."

dpa/cpy