Animation von Weltraumschrott des Zentrums für Weltraumsicherheit der europäischen Raumfahrtagentur ESA
picture alliance/dpa / Arne Dedert

Raumfahrt
Welche Gefahren von Weltraumschrott ausgehen

Raketenreste und Satellitentrümmer schweben als gefährlicher Abfall im All. Das birgt auch Probleme für die Weltraumforschung.

14.04.2022

Mit Müll hat der Mensch nicht nur auf der Erde zu kämpfen – auch im Weltall wird er zunehmend zum Problem. Trümmer ausgedienter Satelliten und Reste alter Raketen machen Raumfahrt vor allem in Erdnähe immer gefährlicher. Schon kleine scharfkantige Splitter können bedrohliche Löcher in Raumschiffe reißen oder Sonden zerstören. Ohne Gegensteuern, fürchten Experten, könnten Raumflüge angesichts Tausender Fragmente irgendwann kaum mehr möglich sein.

Wissenschaftler schätzen anhand von Modellrechnungen, dass sich in der Erdumlaufbahn insgesamt etwa eine Million Teile befinden, die größer als ein Zentimeter sind. Würde etwa eine so große Schraube gegen einen Satelliten prallen, hätte sie nach Einschätzung von Experten die Zerstörungskraft einer Handgranate.

Allein im Jahr 2020 sei es zu mehr als 220 "gefährlichen Begegnungen" der Internationalen Raumstation ISS mit Schrottteilen im All gekommen, hatten russische Spezialisten der Staatsagentur Tass zufolge gezählt. Sollten größere Teile im Anflug sein, ändert die ISS ihre Flughöhe. Alle paar Wochen werde die Crew vor Trümmerteilen gewarnt, berichtete der deutsche ISS-Astronaut Matthias Maurer. "Das liegt daran, dass wir im Weltall immer noch das zurücklassen, was wir hochbringen und nicht aufräumen."

Experten stufen derzeit das Risiko für die Raumfahrt als "noch nicht so groß" ein. In zehn Jahren könnte die Lage aber kritisch werden, wenn die Menschheit nicht gegensteuere, sagt der Chef des russischen Weltraumkontrollsystems, Witali Gorjutschkin, der Agentur Interfax.

Meister Schrott rund 800 Kilometer über der Erde

Beim Austausch von Informationen über mögliche gefährliche Objekte gebe es noch keine "internationale Praxis", teilt Russlands Raumfahrtbehörde Roskomos der Deutschen Presse-Agentur mit. Länder wie Russland, die USA, Kanada, China, Japan und Indien sowie die EU verfügen über Möglichkeiten zur Überwachung des erdnahen Raums. Längst arbeiten Wissenschaftler zudem daran, wie Weltraummüll eingesammelt – und vermieden – werden kann.

"Zur Vermeidung von Schrott gibt es in vielen Ländern, darunter in Deutschland, nur eine freiwillige Selbstverpflichtung", sagt der Astrophysiker Manuel Metz von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Ein privater Akteur könne Satelliten in den Erdorbit bringen, ohne Richtlinien zu beachten. Frankreich hingegen habe ein Raumfahrtgesetz.

Die größte Schrott-Dichte findet man Metz zufolge rund 800 Kilometer über der Erde, wo häufig Erdbeobachtungssatelliten unterwegs seien. Die Empfehlung sei, ausgediente Satelliten auf Umlaufbahnen von unterhalb 600 bis 650 Kilometer zurückzulassen, damit sie spätestens innerhalb von 25 Jahren in der Erdatmosphäre verglühen.

dpa/ckr