mehrere aufgeschlagene Magazine zu einem Stapel getürmt
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Diversität
Wie ethnisch divers sind wissenschaftliche Journals?

Internationale Verlage bemühen sich, strukturellen Rassismus und Benachteiligung abzubauen. Sie bitten Forschende um persönliche Angaben.

25.02.2022

Über 50 internationale Verlage und ihre mehr als 15.000 wissenschaftlichen Fachzeitschriften wollen zukünftig der Diversität ihrer Autorinnen und Autoren nachgehen, wie das Magazin "Nature" berichtet. Forschende könnten demnach bereits im nächsten Jahr bei der Einsendung von Artikeln dazu aufgefordert werden, Angaben zu ihrem ethnischen Hintergrund, ihrer "Rasse" und zu ihrer Geschlechtsidentität zu machen. Auch Gutachterinnen und Gutachter sowie Redakteure will man befragen. Die Verlage wollen wissen, wer in den Zeitschriften repräsentiert werde und ob Forschende ausgeschlossen werden. Ziel sei es, strukturelle Benachteiligungen abzubauen. Laut "Nature" wurde ein Fragenkatalog erstellt, über den die Verlage kommenden Monat abstimmen werden.

Das Bemühen um Diversität und die verstärkte Aufmerksamkeit für strukturelle Benachteiligung in der Forschung und im Publikationsprozess sei als eine Reaktion auf die Ermordung des Schwarzen George Floyd durch die US-amerikanische Polizei im Mai 2020 entstanden. In diesem Kontext habe eine Gruppe an Verlagen die Absicht erklärt, Rassismus und strukturelle Benachteiligung von Forschenden wegen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer "Rasse" zu verfolgen und zu reduzieren. Inzwischen gehören 52 Verlage zu dieser Gruppe, darunter etwa Elsevier und Springer Nature.

Einsicht in den Stand der Diversität

Bisher habe es kaum verlässliche Informationen zur Diversität der Zeitschriften gegeben, auch weil es keinen systematischen und international anwendbaren Analyserahmen für ethnische Zugehörigkeit gebe, wie "Nature" berichtet. Bisherige Analysen seien oft computerbasiert und versuchten etwa, das Geschlecht oder den ethnischen Hintergrund der Autorinnen und Autoren anhand ihrer Namen zu rekonstruieren. Diese Vorgehensweise sei fehleranfällig, zeige aber beispielsweise eine strukturelle Benachteiligung von Frauen.

Die beteiligten Verlage haben laut "Nature" entschieden, die Angaben im Publikationsprozess von den beteiligten Forschenden direkt abzufragen. Es habe die Arbeit erschwert, dass sich das Verständnis von "Rasse" und ethnischer Zugehörigkeit von Land zu Land unterscheide. Nicht in allen Ländern sei die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit unproblematisch. Während Menschen in Deutschland nicht nach dieser befragt würden und vor dem Hintergrund des Holocausts sehr empfindlich auf Klassifizierungen nach der "Rasse" reagierten, sei es in den Vereinigten Staaten gängig, dass Angestellte die ethnische Zugehörigkeit etwa ihrem Arbeitgeber angeben müssten.

Der genaue Fragenkatalog liegt der Öffentlichkeit noch nicht vor, da die Verlage über ihn zunächst noch entscheiden müssen. Aktuell sei geplant, getrennt nach ethnischer Zugehörigkeit und "Rasse" zu fragen: Beim ersten Teil ginge es um die geografische Herkunft, elf Antwortoptionen stünden dabei zur Wahl. Der zweite Teil zur "Rasse" böte sechs Möglichkeiten zur Auswahl. Dieser Entwurf ist laut "Nature" testweise an Forschende geschickt worden. Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler antworteten demnach, mehr als 90 Prozent von ihnen machten Angaben zu ihrer ethnischen Zugehörigkeit und "Rasse". Etwa die Hälfte hätte angegeben, dass sie damit einverstanden wären, diese Fragen auch beim Einreichen von Forschungsartikeln zu beantworten. Die Verlage versicherten, dass die demografischen Informationen nicht etwa für Gutachterinnen und Gutachter ersichtlich seien.

cpy