Illustration einer Taube und wissenschaftlicher Geräte
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World Science Day for Peace
Wie entsteht Vertrauen in Wissenschaft?

Das diesjährige Thema des Weltwissenschaftstags für Frieden lautet: Vertrauen in die Wissenschaft. Wie es darum steht, erforscht ein EU-Projekt.

13.11.2023

Jedes Jahr findet am 10. November der Welttag der Wissenschaft für Frieden und Entwicklung statt. Der internationale Gedenk- und Aktionstag wurde 2001 von der UNESCO ausgerufen. Er soll an den wichtigen Beitrag der Wissenschaften zu Frieden und Entwicklung erinnern und an die Notwendigkeit, die breite Öffentlichkeit in Debatten über neue wissenschaftliche Fragen einzubeziehen.

Laut UNESCO will der Gedenktag mit seinen zahlreichen Aktionen auch die Möglichkeit bieten, "alle Akteure rund um das Thema Wissenschaft für Frieden und Entwicklung zu mobilisieren – von Regierungsvertretern über Medien bis hin zu Schülern." 

Thema 2023: Vertrauen in die Wissenschaft aufbauen

Das diesjährige Thema des Aktionstages lautet "Building Trust in Science" – Vertrauen in die Wissenschaft aufbauen. Das Vertrauen einer Gesellschaft in ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beeinflusse die Art und Weise, wie diese arbeiten. Und je höher das Vertrauen in die Wissenschaft, umso stärker sei sowohl die Bereitschaft der Politik, wissenschaftsbasierte Entscheidungen zu fällen als auch die gesellschaftliche Unterstützung für deren Umsetzung.

Das Vertrauen in die Wissenschaft treibt "die Entwicklung und Anwendung evidenzbasierter Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen unserer Welt voran", wie es auf der UNESCO-Website heißt. Die gesellschaftliche Abhängigkeit von fundierter wissenschaftlicher Forschung und verantwortungsvoller Innovation werde immer größer, gleichzeitig nehmen Debatten und Bedenken zu Themen wie Vertrauen und Misstrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft zu.

Vertrauen stieg nach Coronapandemie

Wie der Berliner Tagesspiegel im Juni berichtete, ergab das Wissenschaftsbarometer, eine Umfrage von Wissenschaft im Dialog, dass 62 Prozent der Deutschen "eher" oder "voll und ganz" in Wissenschaft und Forschung vertrauen. Acht Prozent gaben an, "nicht" oder "eher nicht" zu vertrauen. Die restlichen Befragten waren unentschieden.

Überraschend war die Steigerung im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie: Im Jahr 2019 hatten nur 46 Prozent der Befragten eine positive Einstellung gegenüber Wissenschaft und Forschung gezeigt. Ein Ereignis wie die Corona-Pandemie hat also offensichtlich Auswirkungen auf die Einstellung der Menschen gegenüber der Wissenschaft. "Im europäischen Vergleich fällt auf, dass es gerade in Deutschland noch relativ viele Menschen gibt, die sich eher unsicher sind, wie sie der Wissenschaft gegenüberstehen“, sagte Dr. Sophie Behm-Bahtat im Juni gegenüber dem "Tagesspiegel".

EU-Forschungsprojekt POIESIS

Behm-Bahtat ist Projektleiterin bei POIESIS, einer EU-Maßnahme, die sich seit 2022 mit dem Thema Vertrauensbildung in die Wissenschaft auseinandersetzt. Das dreijährige, von Horizon Europe finanzierte Forschungsprojekt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das gesellschaftliche Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken. Partner in sieben europäischen Ländern sind dabei, darunter Forschende und Institute in Dänemark, Portugal, Frankreich und Deutschland.

Das Team von POIESIS sucht nach den tieferen Beweggründen hinter Vertrauen und Misstrauen, also welche Gründe dazu führen, dass Menschen der Forschung positiv oder negativ gegenüberstehen. Die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern und gesellschaftlichen Interessengruppen in verschiedenen Phasen des Forschungszyklus soll Aufschluss darüber geben, ob solche Maßnahmen Vertrauen erhöhen können.

Erkenntnisse im Dialog gewinnen

Drei Merkmale führen laut POIESIS zu mehr Vertrauen in die Wissenschaft: Erstens müssen Forschende hohe Standards der Forschungsintegrität und -ethik nachweisen, um Vertrauen zu gewinnen. Verstöße gegen die Forschungsintegrität führten zu Misstrauen. Ein zweiter wichtiger Faktor sei die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der gemeinsamen Gestaltung von Forschungsinhalten und -agenden. Drittens könnten Institutionen Integrität und gesellschaftliche Integration fördern, indem sie Forschende zu verantwortungsvollem Handeln befähigen und unterstützen.

Obwohl diese Annahmen plausibel erscheinen, gibt es kaum Belege dafür. POIESIS will sie daher hinterfragen und untersuchen. Dafür tauscht sich das Projektteam in Workshops in allen teilnehmenden Ländern mit Bürgerinnen und Bürgern darüber aus, was diese dazu bringt, in Wissenschaft zu vertrauen oder nicht. Bei den Veranstaltungen werden alltagsnahe Fragen diskutiert. Darunter: Was ist Ihnen wichtig, um Forschenden vertrauen zu können? Welche Mitspracherechte an der Gestaltung von Wissenschaft und Forschung wünschen Sie sich?

Die Ergebnisse der Dialoge bilden die Grundlage für die weiteren Arbeiten des Forschungsprojekts und fließen direkt in die Empfehlungen der Forschungsgruppe ein. Am 7. November hatte POIESIS das erste Ergebnistreffen in Paris, in dem die Ergebnisse der sieben abgehaltenen Workshops präsentiert und diskutiert wurden. Ein erster Schritt ist also getan, das Projekt geht nun in die nächste Runde.

pj/cl